516 Auf dem Lande.
der Pflege des heimischen Bodens weiht! Das Wort „ein märkischer Junker"
ist ein Ehrentitel, den mancher hochgebildete Edelmann sich gern gefallen läßt;
denn in Treue, Opferfreudigkeit und zäher Kraft haben &e Junker „allzeit
voran" gestanden. Das Herz wird Einem weit, wenn man, mit diesen kühnen
Gemüthern in näherem Umgange, ihre unbedingte Hingabe an König und
Vaterland beobachtet, und es versöhnt mit vielen Fehlern, mit Eigensinn und
Trotz selbst, — wenn man sieht, wie dem märkischen Edelmanns jenes Dichter¬
wort in Blut und Leben übergegangen ist:
„Hab' und Leben Sterben gern zu jeder Stunde,
Dir zu geben Achten nicht des Todes Wunde,
Sind wir allesammt bereit! Wenn das Vaterland gebeut!" —
Noch einmal stehen wir auf den Tamfeler Bergen. Die Sonne geht zur
Rüste; ihre letzten Strahlen zittern um das Kreuz der Kirche und zaubern
flammenden Wiederschein auf die Fenster des Schloffes. Wie fchön das Alles,
wie still und friedlich! In rosigem Scheine liegt drüben das weite, weite
Warthebruch vor uus, welches gleichfalls durch Friedrich den Großen und den
Obersten Isaak Jakob von Petri (gest. 1776), namentlich aber durch den Ge-
Heimen Finanzrath von Brenkenhosf, einen rastlos thätigen Mann, vom Jahre
1767 —1785 ab aus einer unwegsamen Wildniß zu fruchtbarem Lande um-
geschaffen worden ist. Wie ein leiser Friedensgruß zieht es hin über die un-
absehbaren Wiesen. Feurig erglüht die Statue des Saturn oder des Zeit-
gottes in dem Tempel neben uns. Das Postament trägt die schöne Inschrift:
A celui, qui desespere! — Bang und ängstlich habeu in manchen Tagen der
Kriegszeiten auch hier zu Tamfel die Herzeu geschlagen; furchtbare Stürme sind
über diese Landschaft hingebraust; aber immer wieder ist das „edle Fried'
und Freudewort" erklungen! Segne Gott diese Fluren und Schloß und Dorf
dort unten!
Sagen und alte Wräuche der Mark. Brandenburg ist, wenn auch
feine alteu Überlieferungen keineswegs die poetische Schönheit der Rhein- oder
Schwarzwaldsagen erreichen, immerhin ein sagenreiches Land. Namentlich ist
die historische Sage der Mark überaus entwickelt. Das Zollernhaus, die Feld-
Marschälle des Großen Kurfürsten und die Generäle Friedrich's des Großen haben
ihre eigenen Sagenkreise. Die weiße Frau, der Feldmarschall von Sparr und
der märkische Junker vom Ufer des Ruppiner Sees, der tapfere, vielgewandte
und fromme Zieten find die hervorragendsten Helden derselben. Aber es giebt
auch sonst fast kein Ereigniß märkischer Geschichte, das nicht von der Sage ge-
feiert wäre. Dieselbe erklärt die Namen und Wappen der alten Geschlechter
der Mark und erzählt uns rührende Legenden von märkischen Nonnen; einen
Heiligen hat das Land merkwürdigerweise nicht hervorgebracht! Nahe stehen
diesen historischen Sagen die Erzählungen von den Wahrzeichen der Städte,
welche meistentheils einen schwankartigen Charakter haben. Sie knüpfen sich
in großer Anzahl an ausfällige Werke der Baukunst und Bildhauerei in den
Städten; an vermauerte Thore, durch welche der falsche Waldemar gezogen sein
soll; an die Rolandsbilder und die altersgrauen Kirchen. Nicht zu verwechseln
mit dieser lebendigen Volkssage ist die Chroniksage, welche überaus blühend bei