Es mußte demnach zwischen Athen und Sparta zu einem Kriege kommen, in den:
sich entscheiden mußte, wer die Oberherrschaft über Griechenland besitzen sollte.
Die Veranlassung zu dem furchtbaren Bruderkriege gab ein äußeres Ereignis.
Athen war zu einer mächtigen Handelsstadt emporgeblüht; seine Handels- und
Kriegsschiffe beherrschten das Ägäische Meer und duldeten keine anderen Fahrzeuge
in den östlichen Gewässern. Dadurch wurde Korinths Handel mit Asien und Ägypten
vernichtet. Korinth suchte deshalb im Westen Ersatz für das, was es im Osten ver-
loren hatte. Dadurch geriet es aber in den Machtbereich der Jnselstadt Korkyra.
Es kam deshalb' zu Kämpfen zwischen Korinth und Korkyra, in denen die Insel-
stadt sicher unterlegen wäre, wenn ihr nicht athenische Schiffe beigestanden hätten.
Voll Ingrimm wandten sich die Korinther an Sparta. Sie gewannen Hilfe,
und so entbrannte im Jahre 431 v. Chr. der furchtbare Peloponnesische
Krieg, der ganz Griechenland, Kleinasien und Sizilien in Mitleidenschaft zog und
Athen von seiner Höhe herabwarf.
2. Der Krieg bis zum Frieden des Nikias 431—421.
Der Krieg trug von Anfang an ein eigenartiges Gepräge; die Spartaner
besaßen ein tüchtiges Landheer und die Athener eine treffliche Fl o t t e. Es konnte
also zu keiner großen entscheidenden Schlacht weder auf dem Lande noch auf
dem Wasser kommen. Deshalb suchten sich die beiden Gegner gegenseitig durch
Plünderungen und Vernichtung der Felder und Weinberge Schaden zuzufügen.
Die Spartaner schickten einen Teil ihrer Landmacht nach Attika. Da verließen
die Landbewohner ihre Häuser und Dörfer und zogen nach Athen, wo sie zwischen
den langen Mauern Schutz fanden. Auch hatte Perikles schon längst für die nötigen
Lebensmittel gesorgt, denn die Speicher im Hafen Piräus waren mit Korn gefüllt.
Die Athener segelten mit den Kriegsschiffen nach dem Peloponnes und richteten
an den Küsten ebenfalls furchtbare Verwüstungen an. Da traf Athen ein harter
Schlag; in der mit Menschen überfüllten Stadt brach eine furchtbare Pest aus,
die viele Männer, Greise, Frauen und Kinder hinwegraffte. Das Volk verwilderte
und warf schließlich alle Schuld auf Perikles, den eigentlichen Leiter des athenischen
Staatswesens. Perikles selbst wurde vom Unglück verfolgt, seine beiden Söhne
wurden von der gräßlichen Seuche erfaßt und aufs Totenbett geworfen. Der
gefaßte, ruhige Mann brach in lautes Klagen aus. Das Volk wählte ihn wieder
zum Feldherrn, aber schon nach wenigen Tagen legte Perikles für immer die
Leitung Athens nieder, die Pest streckte auch nach ihm ihre Krallen aus und zog
ihn ins Grab.
Nun rangen zwei Männer in Athen um die Führung; der eine, Nikias,
wünschte den Frieden mit Sparta, der andere, Kl e o n, der Besitzer einer großen
Gerberei, suchte das Volk zum weiteren Kampfe fortzureißen. Er hatte das Ziel,
Athen zum herrschenden Staate in ganz Griechenland zu erheben. Um Sparta
vollständig niederzuwerfen, segelte er mit einem Teile der Flotte nach der West-
küste des Peloponnes und nahm ein kleines Heer der Spartaner gefangen. Die Spar-
tarier schickten darauf eine Gesandtschaft nach Athen und boten den Frieden an, der
aber auf Betreiben Kleons von: Volke zurückgewiesen wurde. In der Not über-