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Drittes Kap. Kunst und Wissenschaft. 
Später, als die Dichtkunst, blühte die B er e d samk e i t auf. Es fordert die¬ 
selbe schon eine reichere und reifere Sprache, überhaupt eine weiter vorgeschrit¬ 
tene Kultur. Auch kann sie mir unter begünstigenden politischen und bürgerlichen 
Umständen gedeihen. Wir haben wenig von ihr in diesem ersten Zeitraume 
zu sagen. Denn von der Beredsamkeit der Orientalen können wir, mit Aus¬ 
nahme der Hebräer, deren Schriftsteller zum Theil gute Reducr sind, nur 
muthmaßlich urtheilen, und jene der Griechen fing erst an sich zu bilden. 
Den Uebergang von den schönen Wissenschaften zu den ernsten Disciplinen 
macht die Geschichte; denn sie verlangt eine Darstellung, die ihrem Reich¬ 
thum und ihrer Majestät entspreche, und darum hat, wie sehr wahr gesagt 
worden, „der sinnvolle Grieche mit hoher Deutung Klio in den Chor der 
„Musen gestellt." — Ans dem, was wir im Allgemeinen von den historischen 
Quellen (s. Einleitung §. 26 ff. und weiter im ersten Abschnitte der Ge¬ 
schichte S. 78 ff.) und insbesondere von jenen der einzelnen Vvlksgcschichten 
gesagt haben, mögen unsere Leser sich selbst eine Uebersicht von dem allmäligen 
Entstehen der Geschichte und von den Schicksalen bilden, welche sic, als 
Wissenschaft betrachtet, in diesem Zeitraume durchlief. 
HI. und VI. Mathematische und physikalische Wissenschaften — 
Philosophie. 
§. 11. Ernsthafte Disciplin überhaupt. 
Kaum wurden die ernsten Disciplinen noch anders, als zum Ge¬ 
brauche des gemeinen und bürgerlichen Lebens oder zum Dienste des Aber¬ 
glaubens und der Priesterhcrrschast getrieben. Es läßt sich nicht wohl auch 
nur ein mäßiger Grad der Kultur und vorzüglich des Handels ohne die Kennt¬ 
niß der Zahlen gedenken; darum können wir leicht glauben, daß die Arith¬ 
metik insbesondere durch Phönizier vervollkommnet worden. Die Aufführung 
der ägyptischen und babylonischen Land- und Wasserbauten, die Erhaltung 
der Grenzmarken in einem oft überschwemmten Grunde sezten Mechanik, Hy¬ 
draulik und Geometrie voraus; zur Leitung der Ackerbaugeschäfte, zur Ord¬ 
nung fast aller menschlichen und gesellschaftlichen Verrichtungen war ein be¬ 
stimmtes Zeitenmaß, folglich Astronomie, vonnöthen. Die Vervollkommnung 
der Gewerbe, so wie der Landwirthschaft, die Bereitung der Stoffe und Werk¬ 
zeuge n. s. w. konnte nicht geschehen ohne mancherlei naturhistorische undphysi-
	        
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