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Erstes Kap. Quellen.
des Kriegs oder des Friedens stehenden Nationen nach den wichtigsten Zwei¬
gen ihres inneren und äußeren Zustandes mit Bestimmtheit und Deutlichkeit
darzustellen.
Minder befriedigend sind die Quellen der römischen Geschichte. Ihre
vorzüglichsten Schriftsteller lebten erst am Ende dieser zweiten, oder gar in
der folgenden Periode, und cs walten über die früheren Jahrhunderte Noms
manche Zweifel und Dunkelheit ob. Dennoch vermögen wir, aus den vor>
handenen Nachrichten ein ziemlich vollständiges und zusammenhängendes Bild
von dem allgemeinen Gange seiner Schicksale, von den Ursachen und Wegen,
worauf es zur Weltherrschaft gelangte, und von den Hauptmomenten seiner
inneren und äußeren Verhältnisse zu entwerfen.
Die Quellen für diesen Zeitraum beschränken sich übrigens nicht ans
eigentliche Geschichtschreiber. Schriftsteller aller Art geben uns histo¬
rischen Unterricht, und cs gesellt sich zu ihnen noch eine reiche Menge von
Inschriften und Monumenten, Gebäuden und Bautrümmern, von Pro¬
dukten vieler Zweige der Kunst, Münzen, Gemmen u. s. w. Selbst die
Stimme der Ueberlieferung ist noch nicht verhallt, und aus ihr, wie aus
noch lebenden Sprachen, Sitten, Meinungen re. mögen wir manche Aufklä¬
rung zum Verständniß und zur Berichtigung der alten Geschichtschreiber ent¬
nehmen.
Unter diesen Historikern müssen wir hier als allgemeiner Quellen —
denn die besonderen werden wir, jede an ihrer Stelle, weiter unten an¬
führen— vorzüglich Herodot's, Polybius und Diodor's von Sicilicn
genauere Erwähnung thun. Zwar haben wir ihre Namen schon unter den
Quellen des vorigen Zeitraums genannt (I. B. S. 80); aber sie ge¬
hören vorzugsweise diesem zweiten an, und, wiewohl Griechen durch Herkunft
und Sprache, erstreckt doch ihre Forschung sich weit über die griechische und
auf die ganze damalige historische Welt.
Den Namen Herodot's (von Halikarnafsus) wird kein Freund der
Geschichte anders, als mit Dank und Verehrung nennen. Ohne ihn — denn
auch die Späteren haben meist ans ihm geschöpft oder blos Fragmente ge¬
liefert — würde mit Ausnahme desjenigen, was die Hebräer von sich und
ihren Nachbarcn erzählen, ein undurchdringliches Dunkel über der Geschichte
der wichtigsten Völker der Vorwelt liegen; und die Historiographie selbst wäre
ohne das große von ihm aufgestellte Muster noch lange in ihrer Kindheit ge-