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Erstes Kap. Quellen.
Freiheit. Sein Styl hat den Schwung des Epos nicht; aber in klarem und
sanftem Fluß strömt seine (ionisch e) Rede dabin, und alle Kenner des Schö¬
nen sprechen nach, was Athenäus sagt: „'0 Ouv/iuokotutos xal fitXi-
ytjgvz Hgodoroq.“
Dreihundert Jahre nach Herodot schrieb Polybius von Megalopolis
(geb. 3780, gest. 3862) acht und dreißig Bücher der allgemeinen Geschichte
vom Ansang des zweiten panischen Krieges bis zum Untergänge des macedo-
nischen Reiches, welchen zwei andere Bücher, die summarische Erzählung der
früheren Begebenheiten von dem gallischen Brande an enthaltend, als Ein¬
leitung vorangehen. Schon in seiner Heimath hatte Polybius, des Prätors
Lykortas Sohn, als Staatsmann und Feldherr hervorgeglänzt: er mußte
mit den Ausgezeichnetsten unter den Achäern, deren Talente und Tugenden
die Römer scheuten, als Geisel nach Italien wandern, erwarb sich allda die
Achtung und das Vertrauen der wichtigsten Männer, wurde Scipio's des
Jüngern Freund und Rathgeber, und vervollkommnete durch vielseitige Ver¬
bindungen und Reisen seine ausgebreitete Kenntniß der Länder und der Ge¬
schichte. Nur Wenigen ward ein so vorzüglicher Beruf zum Geschichtschreiber;
auch entspricht demselben das Werk, von welchem leider nur die ersten fünf
Bücher und einige Fragmente der übrigen auf uns gekommen, lieber seinen
Werth ist, und war gleich anfangs nur eine Stimme. Der große M. Bru¬
tus führte es stets mit sich, und verfaßte selbst einen Auszug daraus.
Gründlichkeit, ein wcitschender Blick, tiefes und ruhiges Urtheil zeichnen Po¬
lybius vor den Meisten aus; aber jene Kraft und Wärme, welche die Frucht
der Begeisterung und des innigen Gefühles ist, hat er nicht. Es war ihm
gegeben, die Mißhandlung und den Fall seines geliebten Vaterlandes zu sehen
uud dennoch mit Glcichmuth von den Römern zu sprechen.
In dem Zeitalter des Cäsar und Augustus blühte der unermüdete
Diodor (von Agyrium) in Sicilien. Eine dreißigjährige Arbeit — mit
vielen Reisen und örtlichen Untersuchungen verbunden — wandte er auf die
Verfassung seiner historischen Bibliothek, welche in vierzig Büchern die
Geschichte aller Völker von dem grauesten Alterthume bis auf Cäsar's gal¬
lischen Krieg umfaßte, und nach dem Urtheile der berühmtesten Richter die
reichsten historischen Schäze enthielt. Aber gerade die interessantesten Theile
derselben, und welche wegen des Abgangs anderer Quellen am meisten be¬
lehrend seyn würden (das 6te Buch bis zum 10ten, oder die Geschichte vom