Full text: Handbuch für den Unterricht in der deutschen Geschichte

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der Germanen. Daneben waren von alters her Streitaxt und Streithammer in Gebrauch, 
die ebenso zum Wurfe, wie zum wuchtigen Hiebe dienten. 
10 Wenn es weder Krieg, noch Jagd gab, lagen die Männer auf der sprichwörtlich 
gewordenen deutschen Bärenhaut neben dem Herde. Sie verkürzten sich die Zeit mit 
Würfelspiel, wobei sie das Trinkhorn voll Met fleißig kreisen ließen. Sie spielten nicht 
um Geld, sondern mit Pferde und Rinder, Knechte und Mägde, ihre Kinder und ihr 
Weib; zuletzt setzten sie ihr höchstes Gut, die Freiheit, ein. Verloren sie auch diese, so 
traten sie ohne Widerrede die schimpfliche Knechtschaft an. Wenn auch jünger und stärker 
als der Gegner, ließ sich der Verlierende dennoch geduldig binden und als Knecht ver¬ 
kaufen. (Der Bärenhäuter = ein Faulenzer oder Müßiggänger.) 
11 Bei ihnen galt das Sprichwort: „Ein Mann, ein Wort!" In den sog. Gesolg- 
1 chasten (f. u.) hatten kriegslustige Gesellen, welche sich an einen kampfberühmten Manu 
anschlössen, diesem unverbrüchliche Treue geschworen. Letzterer hatte jenen Unterhalt und 
Kampf, Ruhm und Beute zu verschaffen. Fiel der Gesolgsherr im Kampfe, so kam es 
vor, daß seine Getreuen sich in den dichtesten Knäuel der Feinde stürzten; dann bedeckten 
sie wohl endlich alle mit ihren entseelten Leibern den Leichnam ihres Führers, den keiner 
treulos verlassen wollte. 
12 Wenn ein Fremder kam, so lud der Deutsche ihn freiwillig ein, bei ihm ein¬ 
zukehren, auszuruhen, Speise, Trank und Nachtlager zu nehmen. Es wäre eine Schande 
gewesen, ihn erst auszufragen, wer er fei, woher und wohin er wandere. So lange der 
Fremde im Hause war, blieb er Gastfreund, und niemand durfte ibn beleidigen, selbst 
wenn er ein flüchtiger Verbrecher war; auch durste ihn niemand gewaltsam aus dein 
Hause nehmen. Der Hausherr mußte ihn, wenn es darauf ankam, auf Tod und Leben 
beschützen. Ihm mußte man für jede Beleidigung des Gastfreundes büßen; aber auch er 
mußte an seiner Statt büßen, wenn derselbe, während er in seinem Schutze war, ein Ver¬ 
brechen beging. Beim Abschied gab man dem Gastfreund ein Geschenk und geleitete ihn 
seines Weges. Bei ihren Gastmählern berieten die alten Deutschen über die wichtigsten 
Angelegenheiten, über Krieg und Frieden u. dgl. Aber ant andern Tage prüften sie noch 
einmal, was sie beim Mahle verabredet hatten, damit kein wichtiger Entschluß ohne reif¬ 
liche Überlegung gefaßt wurde. 
13 Dieses erhebende Bild deutscher Tugenden wird getrübt durch die Laster der 
Trunk- und Spielsucht. 
14 Das Wort kommt wahrscheinlich von od ----- Gut oder Land und würde somit 
einen Mann bezeichnen, der einen sehr großen Grundbesitz hatte und infolgedessen einen 
größern Einfluß auszuüben vermochte. 
15 An den Volksversammlungen, welche unter freiein Himmel stattfanden, Durften 
nur die freien Männer sich beteiligen. Alle erschienen bewaffnet. Nachdem die Priester, 
welche auch die Ordnung ausrecht zu erhalten hatten, ein Opfer dargebracht, begannen die 
Beratungen. Die Zustimmung der Versammlung ward durch Waffengeklirr, die Mi߬ 
billigung durch ein dumpfes Gemurmel kundgegeben. Der Ort, wo die Versammlung 
abgehalten wurde, war durch ein Mal oder Zeichen (Baum oder Steinblock) kenntlich 
gemacht, daher hieß er auch Malstatt. Regelmäßige Verfammlungszeiten waren die Neu- 
, und Vollmonde. 
16 d. h. in dieser Versammlung wurden ihnen die Zeichen des freien Mannes, 
nämlich Schild und Speer, feierlich überreicht. 
17 Uber das Kriegswesen der alten Deutschen ist folgendes zu bemerken: In die vordere 
Reihe stellten sie die hurtigsten und kräftigsten Jünglinge. Die Reiter wählten sich selbst 
ihre Gefährten unter den Fußkämpfern. Sie hielten zusammen im Getümmel der Schlacht
	        
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