Viertes Kap. Allgemeinste Gestalt der Welt. 18 
größten Reiches, das jemals die Erde sah, und welches den edelsten Theil der 
Menschheit begriff, der ungemcsscnen Gewalt eines Einzigen hin, mit eben der 
Apathie, womit auch die Völker die Vernichtung ihrer einst so standhaft ver¬ 
theidigten Nationalität ertrugen. Man schien kein anderes Bedürfniß nichr 
zu kennen, als Ruhe, Bequemlichkeit und in allen Genüssen eine mit der 
Verminderung der Empfänglichkeit im Verhältnisse stehende Steigerung des 
Reizes. Wenige Spuren von Genie, im Physischen wie im Moralischen Ab¬ 
nahme der Kraft, träges Benüzcn, znlezt Vergessen der vorhandenen Erfin¬ 
dungen, bescheidenes Nachtreten in den früher geebneten Bahnen, aber keine 
neue Ausbeute in Kunst und Wissenschaft; in der Religion Rückkehr des kin¬ 
dischen Aberglaubens, wohl auch verzweifelter Unglaube — allenthalben Er¬ 
schlaffung und hieraus — beschleunigt durch äußere Stürme-—der Untergang. 
Zwar diese Charaktere passen nur auf das römische Reich; aber eben 
dieses enthielt ja den größten, wenigstens den merkwürdigsten und fast allein 
den historisch bekannten Theil der Menschheit. Sonach möchte cs scheinen, 
daß die Ursache jener traurigen Bestimmung blos in der Bildung solches 
Weltreiches, wodurch die Schicksale aller Völker au das Verhängniß des einen 
Rom geknüpft wurden, und nicht in einem allgemeinen Altern der Mensch¬ 
heit gelegen habe. Aber nie wäre unter den edelsten Völkern das Weltreich, 
noch in demselben die despotische Alleinherrschaft ausgekommen, wenn nicht 
Kraft und Geist schon früher erschlafft wären. Nur über alternde Staaten 
mochte Nom mit so geringer Mühe seinen Scepter strecken; und hätten die 
Hauptmächte, auf deren Sturz jenes seine Größe baute, die jugendliche Energie 
der Spanier besessen, Nom wäre im Kampfe verblutet, bevor cs siegte. 
Dieses Nom selbst aber — hätte es nicht schon gealtert — wäre durch die 
Tugend eines Cato und durch Brutus Muth gegen Cäsar und Augustus 
gerettet worden. 
So wahr jedoch und folgenreich die Idee von den Stufenaltcrn der Völ¬ 
ker und der gesammten Menschheit ist (wobei freilich nicht nur, wie bei ein¬ 
zelnen Menschen, bald ein natürlicher Gang, bald eine selbstverschuldete 
Beschleunigung des Dahinwelkens, sondern auch, was bei jenen uicht statt¬ 
findet, eine Verjüngung oder Wiedergeburt eintreten kann); so soll sic 
gleichwohl nur dazu dienen, die Hauvtgcstalt der großen Perioden, um deren 
lleberychauung zu erleichtern, durch die hervorspringendsten Züge zu bezeichnen. 
Die weitere Ausführung überlasten wir der Philosophie der Geschichte der
	        
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