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Erstes Kap. Geschichte des römischen Reiches. 
aber da sie nur eine ephemere Erscheinung waren, so kann die Weltgeschichte, 
als welche vorzugsweise nur was bleibend wirkte in Betracht zieht, dersel¬ 
ben blos flüchtige Meldung thun. Denn nicht lange gönnte das Schicksal 
dem römischen Reiche diesen trefflichen Regenten. In dem Kriege gegen die 
P erser, nachdem er eines Feldherrn aus der schönsten Nömerzcit würdig gestritten, 
nach anfangs glücklichem Erfolge, wurde er in den verhängnisvollen Ländern 
jenseits des Tigris zum Rückzüge gezwungen, blieb in Noth und Gefahr im¬ 
mer sich selber gleich, empfing in der Schlacht eine tödtliche Wunde und 
starb als Held und Weiser *). Christliche Schriftsteller haben behauptet, die 
persischen Hecrschaaren seyen verkleidete Engel gewesen: die Heiden meinen, 
ein Christ inJulian's Heer habe den „Abtrünnigen" verrätherisch getödtet. 
§. 28. Jovian, Valcntinian und Valens. Anfang der Völ¬ 
kerwanderung. 
Julian hatte Nichts über die Nachfolge angeordnet. Das Heer, wel¬ 
ches eines Anführers bedurfte, ernannte den Obersten der Haustruppen, Jo¬ 
vian ns, auf übereilte Weise zum Kaiser, einen schwachen, dem Vergnügen 
ergebenen, aber gutmüthigen Mann und eifrigen Christen. Die Perser, als 
sie des Helden Tod vernahmen, drängten die Römer heftiger, als zuvor, und 
Jovian, um sich den Thron zu sichern, empfing bereitwillig von Sapor das 
Gescz des Friedens. Die fünf Provinzen jenseits des Tigris, welche Ga- 
lerius gewonnen, die Festung Nisibis, welche dreimal der persischen Macht 
getrozt, nebst den wichtigen Pläzcn Singara und Castra Maurorum 
wurden abgetreten, und dann unter fortwährender Mühseligkeit und Hunger 
der klägliche Rückzug geendet. Mit Recht wurde Jovian für diesen schänd¬ 
lichen Frieden durch die allgemeine Verachtung und die lautesten Aeußerungen 
des Volksunwillens bestraft. Aber bevor er durch die Wohlthaten einer fried¬ 
lichen Verwaltung, wie man von ihm hoffen mochte, den Ersaz für jene 
schmachvolle Abtretung leisten konnte, noch vor seiner Ankunft in Constanti- 
nopel, starb er eines unversehenen Todes. 
Die Armee ernannte jezt, nachdem der treffliche Präsekt Sallustius 
den Purpur ausgeschlagen, den tapfern Valcntinian I., einen Obersten 
*) 363. Nur 20 Monate währte seine Regierung, und er war erst 32 Jahre alt. Wie 
Vieles hätte er noch wirken mögen, wäre er diesem Verhängnisse entgangen.
	        
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