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Drittes Kap. Kunst und Wissenschaft. 
Paris. Die akademischen Würden wurden durch gesezliche Vorrechte glän¬ 
zender gemacht, die akademische Negierung, die Fakultäten, die Nationen er¬ 
hielten ihre bestimmtere Gestalt und Absonderung. Gegen so planmäßig 
eingerichtete, fast selbstständige literarische Gemeinwesen mochten die abhängigen 
Klosterschulcn den Wettstreit nicht fortsezcn; sie sanken in Unbedeutsamkeit. 
Gleichwohl dauerte auch au den Universitäten die scholastische Beschrän¬ 
kung in Geist und Lehre fort. Die dialektische Kunst behagte den eitlen 
Lehrern als bequeme Waffe des Angriffs und der Vertheidigung. Die 
geoffenbarte göttliche Wahrheit, so wie die Kirchensazungen wurden durch 
Aussprüche — anfangs Plato' s, nachmals aber, seitdem aus den arabischen 
Schulen die Verehrung für den Stagiriten nach dcnr Abend lande gekommen, 
des Aristoteles — unterstüzt, und die Grübeleien der Metaphysik mit 
dogmatischer Strenge eingeschärft. Es kam so weit, daß Aristoteles, dessen 
Schriften frühere Kirchenlehrer verdammt hatten, von späteren Concilien als 
beweisende Autorität selbst in heiligen Dingen angeführt wurde, und daß 
die Verschiedenheit philosophischer Ansichten zu Vcrkezerungcn und Verfol¬ 
gungen Anlaß gab. 
Zumal wurde im dreizehnten Jahrhundert, durch Kaiser Fricdrich's II. 
Gunst und durch den Eifer der beiden Orden, der Dominikaner und Franzis¬ 
kaner, das Ansehen des Stagiriten vorherrschend und die Scholastik triumphirend. 
Die gefeierten Namen eines Alexander von Hales (f 1243), eines Alber¬ 
tus Magnus (f 1280), eines Thomas von Aquiuo (f 1274), eines 
Bonaventura (f 1294) und vor Allen eines Roger Baco (| 1292) 
zeichnen dieses Zeitalter aus. Diese berühmten Männer gehörten alle jenen 
Bcttelorden an; sic Alle waren Hauptlehrcr der Scholastik; sic Alle huldigten 
Aristoteles. 
§. 8. Schöne Kunst und Poesie. 
In demselben zwölften Jahrhundert, worin die ernste Philosophie 
und Theologie, auch die Jurisprudenz und die Nealdisciplincn etwas Stärke 
gewannen, ja denselben voraneilend, erhoben sich die schöne Kunst und die 
Poefie. Beide waren, so wie die Wissenschaft, noch fast ausschließend im 
Besize der Geistlichkeit, zumal der Mönche, deren müßiges Leben dadurch in 
etwas aufgeregt und versüßet ward. Doch nicht die wahre, genialische Schön¬ 
heit, mehr der Fleiß und die Vollendung im Kleinen blieb der Charakter der 
bildenden Kunst, nicht minder in Malerei als in Schnizwcrk und selbst in
	        
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