liegenden Plätzen und Straßen eine immer drohendere Haltung an¬
genommen; die Nachricht von Palikaos Antrag rief stürmische Äußerungen
des Unwillens hervor; immer lauter und immer zahlreicher ertönten
die Rufe: „Absetzung" und „Republik"; immer heftiger wurde der An¬
drang gegen die Gitter und Pforten des Gebäudes. Die bewaffnete
Macht, die dieses schützen sollte, sympathisierte selbst mit den Forderun¬
gen der Menge und leistete immer schwächern Widerstand. Endlich brach
der Strom sich Bahn, die Massen drangen in das Gebäude ein und
füllten bald auch den Sitzungssaal. Trotzdem wurde der Präsident
Schneider von der Linken gedrängt, seinen Platz einzunehmen und die
Sitzung wieder zu eröffnen. Mit größter Anstrengung gelang es
Crömieur und Gambetta eine gewisse Ordnung und Stille her¬
zustellen. Aber kaum hatte Schneider das Wort ergriffen, so be¬
gann der Tumult von neuem; der Präsidentenstuhl selbst wurde
umdrängt, und nicht ohne Beleidigungen und Mißhandlungen zu
erfahren, konnte Schneider sich unter dem Schutze einiger Deputierten
retten. Bald herrschte im Saale der wüsteste Zustand; die Pulte wurden
erbrochen, die Papiere herumgestreut und zerrissen; man stieg auf die
Bänke, drängte sich auf die Rednertribünen; ein junger Mensch nahm
den Präsidentenstuhl ein, ein zweiter läutete mit der Glocke. Endlich
gelang es Gambetta, wieder auf die Tribüne zu kommen und den Lärm
zu beherrschen. „Bürger," rief er, „in Anbetracht der Gefahr des Vater¬
landes, in Anbetracht, daß der Volksvertretung Zeit genug gelassen ist,
um die Absetzung auszusprechen, in Anbetracht, daß wir die rechtmäßige
Staatsgewalt, hervorgegangen aus dem allgemeinen, freien Stimmrecht,
darstellen, erklären wir, daß Louis Napoleon Bonaparte und seine
Dynastie für immer aufgehört haben, über Frankreich zu herrschen."
Zn den donnernden Beifall, mit dem diese Worte begrüßt wurden,
mischte sich aber sogleich auch das Verlangen, daß die Republik proklamiert
werde. Favre trat ihm entgegen. Zn abgerissenen Sätzen, unaufhörlich
durch Zustimmung und Widerspruch unterbrochen, warnte er davor,
durch diesen Schritt Blutvergießen, ja den Bürgerkrieg unvermeidlich
zu machen. „Zwingt nicht brave französische Soldaten, die vielleicht
durch ihre Offiziere irre geführt sind, ihre Waffen gegen euch
zu kehren. Nur gegen die Fremden sind sie bewaffnet. Laßt uns alle
in dem Gedanken der Vaterlandsliebe und der Demokratie uns ver¬
einigen. Die Republik kann nicht hier proklamiert werden!" Allein die
große Masse der Eindringlinge bestand auf ihrer Forderung. Das ver-