K2 Zweites Kap. Entdeckung Amerika's
Entdeckung erschienene Beschaffenheit und den Zustand eines so großen und
Lurch so viele Eigenthümlichkciteu ausgezeichneten Theiles der Menschenfamilie,
als die amerikanische Nace ist, werfen. Eine wesentliche Lücke würde in der
Gemaldegallerie der Völkerkultur seyn, wenn darin nicht wenigstens die
Hauptzüge des wilden Zustandes neben jenen der stufenweisen Verfei¬
nerung in getreuem Umrisse sich darstellten.
Bei der Schilderung des Zustandes der amerikanischen Völker zur Zeit
ihrer Entdeckling ist aber nothwendig, jene der ganz wilden, welche die
weitaus vorherrschende Masse bildeten, von dem einiger weniger, die auf der
Bahn der Civilisation bereits mehrere Schritte gethan hatten, wohl zu
unterscheiden. Sowohl die Züge jener Wildheit, als der ganz eigenthümliche
Charakter dieser Civilisation mögen hier eine flüchtige Würdigung finden.
Das Bild der Rohheit der amerikanischen Stamme, ihrer tiefen Unter¬
ordnung gegen civilisirte Völker nach geistiger und moralischer Ausbildung der
Einzelnen und nach dem Zustande der Gesellschaft ist vergebens von gut¬
müthigen Religiösen und Missionarien gleich nach Columbus Zeit zum edlen
Zweck ihrer Vertheidigung gegen den gefühllosen Uebcrmuth ihrer Tyrannen,
vergebens in neueren Zeiten von schwärmerischen Philosophen zum Zweck der
Geißelung der unserer europäischen Civilisation entsprossenen moralischen Aus¬
wüchse, verschleiert oder durch tauschende Verschönerung entstellt worden: das
Faktum jener Unterordnung ist allzu auffallend, um geläugnet zu werden,
und cs handelt sich blos um Aufstellung der Ursache und um bestimmtere
Charakterisirung. Lange trug man sich mit dem Mährchen Buffon's„
daß Amerika weit jünger, als der alte Contineut, daß sein Boden weit
spater dem Ozean entstiegen, daß daher auch die ihm eingeborene Race ver¬
gleichungsweise gegen jene der alten Welt als noch im Kindesalter befindlich
zu betrachten sey. Man kennt jezt die hydrostatischen Geseze zu gut, um
nicht zu wissen, daß die Meere des ganzen Erdenrundes naturnothwendig das
Niveau suchen, und daß die Líanos und Pampas von Amerika nicht vom
Ozean bedeckt seyn können, ohne daß auch die afrikanische Sahara und
die Niederungen Hollands und Jütlands dieselbe Ucberschwemmung er¬
dulden. Dagegen ist die Meinung Derjenigen, welche mit Panw dem ame¬
rikanischen Boden und Klima einen feindseligen Einfluß aus die menschliche
Natur zuschreiben, zwar nicht in der Ausdehnung, in der jener mehr geist¬
reiche, als gründliche Schriftsteller sie aufstellt, doch offenbar wenigstens in