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dem rastadt-baden'schen Frieden. 
ihn zu umgehen; und die Politik der beiden Staaten erhielt durch diese per¬ 
sönlichen Interessen eine von den Berechnungen der utrcchter Friedenskünstler 
weit abweichende Richtung. 
Denn cs suchte jezt Frankreich den Beistand derjenigen Mächte gegen 
Spanien zu gewinnen, welche die innigste Verbindung Spaniens und Frank¬ 
reichs erwartet und gefürchtet hatten; und es trat kein gefährlicherer Feind 
gegen den Regenten Frankreichs auf, als sein natürlicher Bundesgenosse, der 
bourbonische König von Spanien. Die Völker Europa's, schon längst da¬ 
von entwöhnt, daß ihrer Interessen oder ihres Verlangens gedacht werde, 
erwarteten ruhig die Aufforderung zum Kampf und Leiden für Orleans oder 
Anjou. Glücklicherweise trat der Fall nicht ein; Ludwig XV. starb nicht, und 
das Zerwürfniß der beiden Höfe befestigte vielmehr den Frieden von Utrecht. 
Zwar Spanien, den Verlust seiner schönsten Provinzen schmerzlich füh¬ 
lend, ermnthigte sich zu einem Versuche der Wiedereroberung; ja, cs wagte 
selbst seine Absichten auf Frankreich mit aufzunehmen in den kühnen Plan. 
Europa erstaunte, das spanische Reich unter seinem lezten östreichischen Mo¬ 
narchen eine todte Masse, Jeden zum Angriff durch seine Hilflosigkeit einla¬ 
dend, jezt plözlich übergehen zu sehen zu einer thätigen Rolle mit Entwick- 
lnng einer ungeahneten Kraft und in großartigen Entwürfen fajt den ganzen 
Weltthcil umspannend. Solcher neue Geist war theils die Frucht des Erb¬ 
folgekrieges selbst, als welcher diel Spanier ans ihrer Indolenz gewaltsam empor- 
gcrissen und niit den fremden Heeren und dem fremden Geld auch fremde Ideen 
auf spanischen Boden geworfen hatte, theils ging! er aus von der b o u r b o n i sch e n 
Regierung, von Ludwig's XIV. dem — wiewohl schwächeren — Enkel gegebenen 
Unterricht und Beispiel. Akcrbau, Gewerbe und Handel erfreuten sich jezt 
wenigstens einiger Ermunterung, die Administration wurde besser geregelt, 
fähige Männer bildeten sich, und gelangten zur Geschäftsführung. Freilich 
wurde die Regierung auch despotischer, zumal nach geendigtem Kriege, welcher 
den Vorwand zur Vernichtung der Freiheiten einiger Provinzen dargeboten. 
Ja, selbst in dem treuen Kastilien hörten die Cortes jezt auf, nachdem 
sie zum leztcnmal sich versammelt hatten, um die von PhilippV. diktirte 
neue Succeisionsordnung (1713), welche allen männlichen Abstämmlingen 
den Vorzug vor den weiblichen zusprach, durch ihre Anerkennung zu befestigen. 
Bald ward selbst der Staatsrath mit den übrigen alten Kollegien hintaugesezt. 
Die Befehle ergingen aus dem Kabinet. Nur in Biscaya und Na-
	        
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