1. Lykurgos von Sparta.
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ben Sorgfalt, mit welcher man die Knaben zur Einfachheit und
Reinheit des Ausdrucks anleitete, lehrte man sie auch Lieder
und Gesänge, welche den Muth anregten und den Drang zu
großen Thaten erweckten, indem sie in ernster kräftiger Sprache
den Ruhm derer, die fürs Vaterland gefallen, sowie die Schmach
der Feigen schilderten. Wie in den Festgesängen, an denen auch
die Chöre der Knaben sich betheiligten, Freude an Mannes¬
tugend und Tapferkeit sich aussprach, davon hat uns Plutarch
folgendes Beispiel überliefert: Bei ihren Festen bildeten die
Greise, die Männer uud die Knaben drei Chöre; der Chor der
. Alten begann:
„Wir waren Männer einst voll Muth und Tapferkeit;"
der Chor der Männer antwortete:
„Wir aber find es! Hast du Lust, wohlan, versuch's;"
darauf sangen die Knaben:
„Wir werden einst es sein, und.noch viel tapferer."
Sparta war die Stadt, wo die Künste des Krieges mit
denen der Musen sich einigten, wo nach den Worten des spar¬
tanischen Dichters Alkman dem Stahle kühn der Laute süßer
Klang entgegentönt; dort blühet, sagt Piudar, die Weisheit der
Alten und der jungen Männer tapferer Speer, Tanzchor und
Lieder uud Festesfreude. Vor dem Treffen opferte der König
den Musen, uud die Mannschaft schmückte sich zum Kampfe wie
zu einem Feste.
Die strenge Zucht, welcher die Jugend unterworfen war,
dehnte sich auch auf die Erwachseneu aus. Keiner durfte nach
eigner Wahl uni) Neigung leben, er war gebunden an die vor¬
geschriebene Lebensweise uud mußte in all' seinem Thun und
Lasten den Grundsatz befolgen, daß er nicht sich selbst, sondern
dem Vaterlande angehöre. Der Spartaner war nur etwas in
Verbindung mit der Gesammtheit; eine über den Stand der
Anderen hinausragende freiere Bildung war ihm nicht gestattet
und nicht wohl möglich. Dies war eine Einseitigkeit des Lebens,