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Der polnische Freiheitskampf. 
mung des Reichstages zu versichern, lud er die vornehmsten Leiter desselben 
zu einer geheimen Berathung ein, in der er ihnen vorstellte: die Ehre der 
Waffen sey durch die bisherigen Kämpft gerettet; den Krieg mit einiger Aus¬ 
sicht und Erfolg zu sichren, sey bei der Unzulänglichkeit der polnischen Hülfs¬ 
mittel nicht möglich; jede Verlängerung desselben werde das Land noch mehr 
zu Grunde richten und den Unwillen des Kaisers steigern. Gegenwärtig sey 
der Augenblick günstig; man habe gezeigt, daß man so leicht nicht zu über¬ 
winden sey und werde gewiß vortheilhaftere Bedingungen erhalten, als zu 
jedem spätern Zeitpunkte. Die Reichstagsmitglieder, die von ihrem früheren 
Schrecken zurückgekommen waren, da sie in Warschau sich bei der Untbätig- 
keit des russischen Heeres in Sicherheit sahen, wollten von Unterhandlungen 
nichts wissen; mit Mühe erlangte Skrzynecki die Erlaubniß, dem russischen 
Feldmarschall oberflächliche Eröffnungen zu machen, bei denen man hauptsäch¬ 
lich den Zweck hatte, Zeit zu gewinnen, um die mit Eifer betriebenen Rü¬ 
stungen zu vollenden. Skrzynecki schickte am 1. März den Obristlieutenant 
Grafen Mycielski in das russische Hauptquartier, unter dem Vorwände einer 
Gefangenenauswechselung, in der That aber, um die Bedingungen zu erfah¬ 
ren, unter denen eine Ausgleichung zu hoffen sey. Die Antwort des Felt- 
marschalls war, cs könne von keiner andern Bedingung die Rede seyn, als 
von der Unterwerfung der Polen auf die Grundlage des kaiserlichen Mani¬ 
festes; der erste Schritt dazu aber müßte die Zurücknahme des Rcichstags- 
beschlusses über die Thronerledigung seyn. Ungeachtet dieses ungünstigen 
Bescheides wurde Graf Mycielski noch mehrere Male hinüber und herüber 
geschickt, ohne daß die Unterhandlungen einen Schritt weiter gefördert wor¬ 
den wären, da auch Skrzynecki entschlossen war, lieber noch einmal das 
Glück der Waffen zu versuchen, als sich auf Gnade und Ungnade zu ergeben. 
General Diebitsch hatte von dem wahren Stande der Dinge keine Ahnung; 
er glaubte die Kraft der polnischen Revolution durch die blutige Schlacht 
von Grochow gebrochen, und vertraute fest, daß die Polen, wie sehr sie sich 
auch sträuben möchten, zuletzt doch von der Nutzlosigkeit aller ferneren An¬ 
strengungen sich überzeugen und die Gnade des Kaisers anrufen würden. Eine 
Erneuerung des Kampfes erachtete er so sehr außerhalb aller Grenzen der 
Wahrscheinlichkeit, daß er bereits anr 7. und 8. seine Hauptmacht. aus der 
Nähe von Warschau zurückzog und sic, um ihre Verpflegung zu erleichtern, 
in weitläufige Cantonirungen auseinanderlegte, während nur das Corps des
	        
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