Denn ob auch beide fast wir eines Alters sind,
Kam ich doch selber in die Jahre allgemach,
Da hier und dort schon etwas morsch am Menschen wird
Und manchmal leis' ihm der Gedanke tritt ans Herz:
Ob nicht ein Förster, wandelnd durch den Menschenwald,
Schon für den nächsten Einschlag ihn gezeichnet hat.
Du aber, Tanne, gehst jetzt in die Jahre erst
Der vollsten Stärke und des freudigsten Gedeihns,-
Vor dir in weiter Ferne liegt das Alter noch,
Das einst auch deine stolzen Glieder beugen wird.
Darum befürcht' ich, daß du sagen wirst zu mir,
Wenn du mich musterst, während du dein Haupt vielleicht
Mitleidig schüttelst: Wahrlich, kaum erkenn' ich dich.
Seit unter meinen Zweigen du als Kind gespielt,
Hast du dich sehr verändert, und zuin Vorteil nicht.
3. Der Spielmann.
Alois Frietinger.
„Der kalte Reif tat kleinen Vöglein weh,
Daß sie nicht mehr sangen.
Jetzt hör’ ich sie noch lieblicher als eh’,
Da die Wiesen prangen.“
So sang eine jugendfrische Männerstimme durch den frühlings¬
grünen Bergwald. Bald trabte ein prächtiger Schimmel aus dem
Busche. An den blauen und roten Bändern, mit welchen die milch¬
weiße Mähne des edlen Tieres durchflochten war, sowie am reich¬
gestickten Zaum- und Sattelzeug erklang gar lieblich ein Kranz von
Silberschellen und läutenden Glöcklein. Das zierliche Lederwams,
der schmale Stoßdegen an der Seite, die nickende Reiherfeder am
Sammetbarett und das lockig gekräuselte Bart- und Haupthaar hätten
wohl auch ohne den hellen Sang und die Fiedel, welche aus dem
Reisemantel lugte, den fahrenden Sänger verraten.
Nun griff der Reiter zu seinem Saitenspiel. Da kam es von allen
Seiten herbeigeschwirrt; da begann es im weiten grünen Bereich
zu musizieren und zu jubilieren, als ob heute Hochzeit wäre im
Bergwald. Und das Schmettern und Singen, das Geigen und Klingen