§ 1. Die Welt zur Zeit der Erscheinung Christi. 
3 
und Heiligen stürzt sich die Lust, wohin es sei. Das 
Laster verbirgt sich nicht mehr, es tritt vor Aller Augen. 
So öffentlich ist die Verworfenheit geworden und in allen 
Gemüthern ist sie so sehr aufgelodert, daß Unschuld nicht 
nur selten, sondern keine ist." (Seueca.) 
Wohin war es doch mit der nach Gottes Bild 
geschaffenen Menschheit gekommen! Und wie elend, wie 
namenlos elend war sie durch ihre Entfernung vom Llcht 
und Leben Gottes geworden! Ich rede gar nicht davon, 
wie viel Jammer und Herzeleid sich die Menschen in ihrer 
Bosheit untereinander selbst zufügten. Ihre edle Seele 
schmachtete nach einer Nahrung und Befriedigung, nach 
einer Labung für ihren tiefen Schmerz, und ging mit 
ungestilltem Verlangen dem trostlosen Tode entgegen und 
sank verzweislungsvoll hinab in den ewigen Tod. 
Fürwahr, die Welt brauchte einen Erlöser und Wie¬ 
derhersteller ihres verlorenen Heils! Und sie fühlte es 
auch mehr oder minder. Und es war auch in der Welt 
ein Warten auf einen großen Erretter und Beglücker, 
gerade zu der Zeit ein allgemeines Harren der Völker. 
Das Volk Israel hörte die Weissagungen des 
Alten Testamentes, die wie eine goldene Kette sich durch 
die Schriften desselben ziehe», die als ein heilig-göttliches 
Vermächtnißwort von Geschlecht zu Geschlecht sich fort¬ 
pflanzten: von dem Samen Abrahams, in welchem 
alle Völker auf Erden gesegnet sein sollten (1 Mos. 12,3. 
26, 4.), von dem großen Davidssohne, der ein 
herrliches, ewiges Königreich aufrichten und wohl regieren 
würde (Jer. 33, 15. Dan. 7, 14. Pf. 72), von einem 
Erlöser derer zu Zion und in Jakob (Jes. 59, 20.), 
der auch der Heiden Lickt (Jes. 60, 3.) und aller Heiden 
Trost (Hagg. 2, 8.) sein sollte; und die Weissagungen 
(1 Mos. 49, 10. Dan. 9, 24.) und alle Umstände wiesen 
gerade auf diese Zeit. Freilich wie falsch verstanden, 
wie fleischlich deuteten die Juden im Allgemeinen die 
köstlichen Verheißungen; sie hofften zumeist auf einen 
Befreier vom drückenden Joche des weltlichen Regiments, 
1*
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.