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I. Der Aufgang des ewigen Lichtes.
Volkes eingerichtet, überall an das menschliche Leben an¬
knüpfend; sie war hell und klar wie das Sonnenlicht und
doch so tief bis ncks Unergründliche und so hoch bis über
den Himmel hinaus; und siedrang mit einer wahrhaftigen
Gotteskraft an die Herzen. Alles Volk entsetzte sich dar¬
über, denn er predigte gewaltig und nicht wie die Schrift¬
gelehrten ; und alle heilbegierigen Seelen sprachen in sich
und auch laut: Herr, wohin sollen wir von Dir gehen?
Du hast Worte des ewigen Lebens!
Großen Nachdrtick gewann seine Rede noch durch sein
ganz fleckenloses, heiliges Leben. Da stand unter allen
Menschen der Einzige, der sprechen konnte: welcher
unter euch kann mich einer Sünde zeihen? Und er beruft
sich daraus als ans ein Zeugniß für seine Glaubwürdig¬
keit, indem er hinzufügt: So ich euch aber die Wahrheit
sage, warum glaubet ihr mir nicht?
Sein Leben war nicht nur rein von allem Bösen,
sondern auch das Ausströmen einer unendlichen
Liebe, welche die offenen Seelen, insonderheit die reu-
müthigen Sünder so wunderbar mächtig anzog. Als er
einst in einem Hause zu Tische saß, kam ein Weib, das
früher in groben Sünden gelebt, mit einem Glas voll
Salbe herein, trat hinten zu seinen Füßen und weinte,
fleug an seine Füße zu netzen mit Thränen und mit den
Haaren ihres Hauptes zu trocknen und küßte seine Füße
und salbte sie. Sie hatte schon jeine Erbarmung erfahren
und liebte viel, weil ihr viel vergeben war. Und Jesus
tröstete sie auf's neue: Dir sind deine Sünden vergeben;
dein Glaube hat dir geholfen, gehe hin mit Frieden!
Bei allem Gottesglanze, der aus seinen Thaten und
Worten und seinem ganzen Wesen und Leben leuchtete,
blieb Jesus doch immer in unscheinbaren zeitlichen Ver¬
hältnissen. Er für sich wollte der arme geringe Men¬
schensohn sein. Er hatte nicht, wo er sein Haupt hinlegte.
Er hatte Mühe und Arbeit, oft nicht Ruhe zum Essen
ob dem Ucberlaufen des Volks, und neben dem Beifall
der Menge viel Widerspruch, Schmähung und Verfolgung