§ 4. Christus der Hohepriester.
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Unter solchem Jubel und königlicher Ehre zog Jesus
daher, ernst und mit schweren Gedanken, und als er nahe
an die Stadt kam, sah er sie an und weinte über sie.
Und er verkündigte den schrecklichen Untergang, den die
verblendete 37 Jahre nachher nahm, wie sie von Feinden
umlagert, an allen Orten geängstigt, endlich erobert und
von Grund ans zerstört werden sollte, darum daß sie
nicht erkannt hätte die Zeit, darin sie mit Gnade heim¬
gesucht war.
Lom Sonntag bis zum Donnerstag hielt sich Jesus
des Tags in Jerusalem auf, des Nachts in Bethanien
oder sonst in der Nahe. Und er wendete diese Tage noch
besonders eifrig an, das Volk zu lehren und um Seelen
zu werben für Gottes Reich.
Aber der sein Brod aß, trat ihn mit Füßen. Einer
der Zwölfe, Judas Jscharioth, der sich auch in seiner
fleischlichen Messiashoffnung bei Jesu getäuscht sah und
noch einen letzten Gewinn von seiner Jüngerschaft ziehen
wollte, gieng zu den Hohenpriestern und sprach: Was wollt
ihr mir geben? Ich will ihn euch verrathen, d. i. unbe¬
merkt von der Menge, die sich seiner Gefangennehmnng
widersetzen konnte, in die Hände liefern. Und sie boten
ihm 30 Silberlinge, nach unserem Geld 15 Thaler, den
geringsten Preis eines Sklaven! Von dem an suchte Judas
Gelegenheit, wie er Jesum in ihre Hände brächte ohne
Rumor.
Am Abende des Donnerstags hatte sich der Herr mit
seinen Jüngern in einem befreundeten Hause Jerusalems
versammelt, nach jüdischer Weise das Passahlamm mit
ihnen zu essen. Das war eine ganz eigenthümliche Ver¬
sammlung, die er mit den Worten begann: „Mich hat
herzlich verlangt, dieß Osterlamm mit euch zu essen, ehe
denn ich leide!" Und mit Schmerz sagte er ihnen, daß
einer von ihnen selbst ihn verrathen werde, was alle sehr
betrübt machte bis auf den, der es war, das Kind des
Verderbens mit ruchlosem Herzeu und frecher Stirue.
Vor dem Abendessen stand Jesus aus, legte seine