§ 1. Die alten Deutschen. 
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und so sehen wir. daß also auch unter den Deutschen der 
frühesten Zeit ein Adel vorkommt. Gewöhnlich wurden 
aus diesen Edelingen die Obersten im Krieg und Frieden 
gewählt. 
Im Krieg mußte Einer der Führer sein; er hieß der 
vor den Streitern Herziehende oder der H erzog. Führte 
er ein großes Heer, so nannte mau ihn wohl auch K ö n i g. 
Doch war es gemeiniglich eben nur ein Hcerkönig, 
ohne richterliche Gewalt. Die letztere lag in den Händen 
der Aldermänner (z. B. unter Sachsen, Friesen) oder 
Grasen (die sich zuerst -ei den Franken finden). Der 
Gau graf richtete im Gau mit Beisitzern oder Schössen 
die Händel der Einzelnen untereinander, während die all¬ 
gemeinen Angelegenheiten, und auch die schwersten Ver¬ 
brechen Einzelner, vor die Volksversammlung gebracht 
wurden, welche aus allen freie n M ä n n e r n bestand. 
Die Volksversammlung hielt man unter freiem Him¬ 
mel, meistens bei der Nacht, an einem geweihten Orte, 
„unter der heiligen Eiche" — „am heiligen Stein". Der 
Ort hieß „die Dingstätte"; eS wurde „gedingt", be¬ 
deutet: es wurde verhandelt. 
Zur Ermittlung der Wahrheit wurde der Eid und 
mit großem Ernste gebraucht. Der Beklagte hatte Eides¬ 
helfer, welche ihre Hand unter der seinigen auf ein Heilig¬ 
thum legten, wenn er den Schwur brach. In sehr schwieri¬ 
gen Fällen ließ man das Ordal (angelsächsisch für Got- 
tesurthcil) entscheiden. Die Gegner kämpften mit dem 
Schwerte gegeneinander und der Unterliegende galt für 
den Schuldigen. Weiber und Unfreie hatten dieFeuer- 
und Wasserprobe zu bestehen. Sie giengen mit bloßen 
Füßen über eine glühendgemachte Pflugschaar oder holten 
mit entblöstem Arm einen Stein aus einem Kessel mit 
kochendem Wasser heraus k. ; nahmen sie dabei keinen 
Schaden, so waren sie unschuldig. 
Dem Schuldigen wurde zur Strafe meistens eine Be¬ 
zahlung, Buße, wie das Wergeld (d. h. Preis des er¬ 
schlagenen Mannes) aufgelegt. Landesverrath, feige
	        
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