§. 1. Die alten Deutschen. 
41 
und auf deren Gipfel ein Adler sitzt, zwischen welchen 
ein b a d e r ft i f t e n d e s Eich h ö r »lei n immer auf- und 
abläuft. Der Drache nagt an den Wurzeln des Welt¬ 
baumes. Mittlerweile werden Götter und Menschen und 
alle geschaffenen Wesen immer schlechter. Der Drache 
nagt grimmig fort, und wenn er die Wurzeln abgenagt 
bat, daun kommt, wie wir sagen, der jüngste Tag. 
Der Baum sinkt; es erbebt sich ein furchtbarer Kampf 
zwischen den Riesen und Göttern; alles braust durchein¬ 
ander. Der Baum fällt, und von Muspellbeim fällt 
Feuer herab; die ganze Welt verbrennt und bleibt nur 
noch ein großer Rauch übrig. ,,Das wird seyn Ragna- 
ruk (Götrerranch)". Darnach aber schafft Alfadir eine 
neue Welt, in der es kein Uebel mehr giebt.— 
Das ist in etwas die Religionslehre der alten Germanen. 
Wir finden unter ihnen w ei se Frauen, die Wo len 
oder Seherinnen, die sie als Vermittler zwischen der 
Götter- und Menschenwelt betrachteten, ans deren Aus¬ 
sprüche sie als auf Götteranssprüche merkten. Besondere 
Priester aber scheint es bei ihnen nicht gegeben zu haben. 
Jeder Hansvater war Hanspriester, und den Gemeinde¬ 
gottesdienst leiteten anserwählte Edle als Oberpriester. 
Man hieß einen solchen Ewart, Gesetzbewahrer. 
Den gemeinsamen Gottesdienst hielten sie in heiligen 
Hainen sWäldern). Tempel halten sie in frühester Zeit 
nicht und nur wenige Bilder. Sie opferten ihren Göttern, 
wie die andern Heiden, und man siebt noch hin und 
wieder z. B. in der Nähe von Pappen heim ihre Opfer¬ 
steine. Sie brachten auch Menschenopfer, gewöhnlich waren 
es Gefangene und Verbrecher, die sie den Göttern schlachte¬ 
ten. Auf der Insel Rügen in der Ostsee wurde jährlich 
das Bild der Erdmutter Hertha aus seiner Verborgenheit 
auf einem Wagen von Kühen zum See gefahren; Sklaven 
mußten es darin waschen, wurden aber gleich nach ver¬ 
richtetem Werk in den See gestürzt.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.