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Einigkeit im Reiche zu erhalten, wolle er ihnen noch bis zum 15. April
1531 Bedenkzeit vcrwilligen, zum katholischen Glauben zurückzukehren."
Die protestantischen Fürsten ließen sich jedoch nicht schrecken, und als Karl
im folgenden Jahre (5. Januar 1531) seinen Bruder Ferdinand, dessen
heftige Abneigung gegen die neue Lehre bekannt war, zum römischen Kö¬
nige wählen ließ. so schlossen mehrere derselben1) zum Schutze ihres Glau¬
bens den Schmalkaldisch en Bund (27. Februar 1531). Vielleicht
wäre es jetzt schon zu einer blutigen Entscheidung gekommen, hätte nicht
die nahe Gefahr, welche dem Reiche von Osten her drohte, den Kaiser zu
einer zeitgemäßen Nachgiebigkeit bewogen.
4. Gefahren von den Türken. Nach der Eroberung Konstan¬
tinopels spielten die Türken noch lange als Eroberer eine glänzende Rolle.
Am meisten hatte von ihren verheerenden Schwärmen das Königreich Un¬
garn zu leiden. Auch unter der Regierung Karls V. machten sie daselbst
wiederholte Einfälle, zumal sic dazu besonders aufgefordert worden waren.
Die Aufforderung ging von Johann Zapolya, dem Woywoden von
Siebenbürgen aus. Dieser war nach dem Tode Ludwigs II. (fiel 1526 bei
Mohacs gegen die Türken) von einer Partei zum König von Ungarn er¬
nannt worden, konnte sich aber gegen den Erwählten der andern Partei,
gegen den Erzherzog Ferdinand, nicht behaupten. Zu seinem Schutze rief
er daher den türkischen Sultan, Solimán II., in'das Land. Der Sul¬
tan drang 1529 mit großer Heeresmacht in Ungarn ein, erhob Zapolya
zum König und rückte im Herbste desselben Jahres noch bis Wien vor.
Das ganze Abendland gerieth in Schrecken; denn wäre Oestreichs Haupt¬
stadt gefallen, so würden sich die barbarischen Eroberer wie ein verheeren¬
der Strom über Deutschland ergossen haben. Aber die Besatzung Wiens
wehrte sich aufs tapferste, und Mangel an Lebensmitteln und das Murren
der Truppen bewogen Solimán, die Belagerung aufzuheben und sich in
sein Land wieder zurückzuziehen.
Ferdinand sah ein, daß Solimán bald mit neuer Macht wiederkom¬
men würde. Um sich für den bevorstehenden Kamps der Reichshülfe zu
versichern, rieth er seinem Bruder, Karl dem V., zur Nachgiebigkeit gegen
die Protestanten. Der Kaiser befolgte den Rath und bewilligte ihnen den
Nürnberger Neligionsfrieden (23. Juli 1532), in welchem bestimmt war,
„daß Keiner, bis zur Entscheidung durch eine allgemeine Kirchenversamm¬
lung, seines Glaubens wegen beeinträchtigt werden solle." Nun ward die
begehrte Türkenhülfe (zu Regensburg) schnell genehmigt, und die protestan¬
tischen Fürsten erschienen mit ihrem Antheil zuerst im Felde. Eile that
aber auch Noth; denn der Sultan Solimán war bereits mit 200,000
Mann in Ungarn eingefallen und bedrohte Deutschland aufs Neue. Karl
begab sich nach Wien, wo spanische, italienische und niederländische Trup¬
pen sich sammelten, zu denen 24,000 Reichsvölker und die Truppen stießen,
welche Ferdinand in seinen Erblandcn aufgebracht hatte. Im Ganzen
mochte sich Karls Heer auf 76,000 Mann belaufen. Der Großvcsir be-
*) DaS Bündniß wurde geschlossen zwischen dem Kurfürsten Johann von Sach¬
sen, dem Landgrafen Philipp von Hessen, drei Herzögen von Braunschweig und Lüne¬
burg, dem Fürsten Wolfgang von Anhalt, zwei Grafen von Mansfeld, und ñf Reichs¬
städten (worunter Straßburg, Ulm, Kostnitz, Magdeburg, Lübeck und Bremen).