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In der Folge ward die natürliche Wildheit seines Gemüths noch
durch starkes Weintrinken erhöht. So ließ er auf geringen Verdacht hin
seinen leiblichen Bruder Smerdis umbringen, und seine Schwester, die
darüber weinte, trat er mit Füßen todt. Einen seiner vertrautesten Die¬
ner, Prexaspes, fragteer einst: „Was urtheilen wohl die Perser von
mir?" — „Herr," antwortete dieser, „sie loben dich allgemein, nur eins
bedauern sie: daß du den Wein zu sehr liebst." — „So?" sprach der
König; „da glauben sie also wohl, daß mir der Trunk den Verstand raubt?
Du sollst gleich selbst davon urtheilen. Sieh, da unten im Vorhofe steht
dein Sohn; ich werde ihm einen Pfeil ins Herz schießen; treffe ich, so ist
es der sicherste Beweis, daß ich eine feste Hand habe." Er spannte den
Bogen und schoß; der arme Knabe sank todt nieder, und als der König
ihn öffnen ließ, stak der Pfeil im Herzen. „Nun?" rief Kambyses, „hast
du je einen bessern Schützen gesehen?" Der Vater hätte vor Wehmuth
vergehen mögen, aber aus Furcht antwortete er: „Herr, ich glaube, selbst
ein Gott konnte nicht so gut schießen." — In Aegypten erhielt er die
Weissagung, daß er in Ekbatana sterben werde. „Gut!" sprach er, „ich
kaun mich ja hüten, nach dieser Stadt zu gehen." Sie war die Haupt¬
stadt von Medien. Als er aber von Aegypten nach Persien reiste, kam er
unterwegs'in eine kleine Stadt Syriens. Indem er sich hier aufs Pferd
schwang, fiel der Beschlag seiner Dolchscheide ab, und der scharfe Dolch
fuhr ihm in den Schenkel. Schwer verwundet brachte man ihn zu Bette.
„Wie heißt die Stadt hier?" fragte er. — „Ekbatana," war die Ant¬
wort; denn auch hier lag eine Stadt gleichen Namens. Bei diesem Na¬
men erschrak der Tyrann so heftig, daß er schon nach einigen Tagen todt
war (521).
4. Er hinterließ keinen Verwandten, der ihm hätte In der Negie¬
rung von Persien folgen können. Da traten sieben der vornehmsten Perser
zusammen und machten aus, daß sie denjenigen unter sich zum König des
Reichs ernennen wollten, dessen Pferd bei einem gemeinschaftlichen Spa¬
zierritt zuerst wiehern würde. Darius Hystaspis war der Glückliche.
Sein schlauer Stallmeister hatte Abends vorher das Pferd vor das Thor geführt,
vor welches der Ritt unternommen werden sollte, und hier dem Thiere eine
Menge trefflichen Hafer vorgeworfen. Als nun am andern Morgen Dari¬
us an diese Stelle kam, erinnerte das Roß sich an das hier genossene Fut¬
ter und wieherte laut. Hurtig sprangen die sechs Begleiter von ihren Pfer¬
den und huldigten dem Darius als ihrem Könige. Er verdiente es aber
auch, König zu sein, und hat viele Jahre (521—485) hindurch Persien
mit Weisheit regiert. Am berühmtesten aber ist er durch seinen Kamps
mit den Griechen *) geworden.
J) Er wollte die Athener züchtigen, weil sie ihre Stammgenossen an der West¬
küste Kleinasiens in einer Empörung gegen die Perser unterstützt hatten. Aber die
gemeinsame Gesahr ließ alle Griechen die Waffen ergreifen. Des DariuS Feldherrn,
Datis und Artaphernes, wurden durch MiltiadeS bei Marathon (190 v. Ehr.)
völlig aufs Haupt geschlagen. Und wenn auch XerreS (185 — 105), des Darius
Sohn, bei Thermopylä (180 v. Chr.) den löwenmuthigen LeonidaS und des¬
sen tapfere Schaar überwand, so ward doch bald darauf die persische Flotte bei S a-
lamis durch ThemistokleS vernichtet, (Bergt. K. 1. S. 25—30),