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Der König.
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wurde bei den Persern nie ausgebildet. Ein Hanptschritt zu der
inneren Organisation des Reiches geschah durch die von Darms ver.
anstaltetc Eintheilung desselben in Satrapien. Eine genaue Pro-
vinzeintheilung ist das erste Erforderniß bei allen Staaten von größe¬
rem Umfange, welche Negierungsform sie anch haben mögen; in
despotischen Neichen aber ist sie das einzige Mittel, den Despo¬
tismus von oben herunter zu organisiren und ihm dadurch seine
Festigkeit zu geben. Wie mangelhaft auch die Eintheilung des Da¬
rius sein mochte, so war doch immer damit schon sehr viel gewonnen.
Die regelmäßige Ernennung von Statthaltern war eine nothwen¬
dige Folge davon, sowie eine regelmäßigere Bestimmung der Tri¬
bute die Veranlassung dazu war.
Der König von Persien war nicht nur das unumschränkte Ober¬
haupt, sondern auch der Eigenthümer von Land und Leuten; er
war gleichsam der Mittelpunkt, um den sich alles drehte; dem Kö¬
nige gegenüber war Jeder Sklave, in seiner Hand war das Leben
Aller. Selten zeigte sich der König dem Volke; Niemand durfte
unangemeldet vor ihm erscheinen, und die Vorgelassenen mußten
ihm wie einem Gotte ihre Verehrung bezeugen, sich vor ihm nie¬
derwerfen und den Boden küssen. Wer sich, sei es auch aus Ver¬
sehen, auf den königlichen Thron setzte, war des Todes schuldig.
Wenn der König den angesehensten unter seinen Dienern ein Gast¬
mahl gab, so saß er mit seiner Gemahlin und seinen Kindern in
einem besonderen Gemach.
Gewissermaßen eine Einschränkung des königlichen Despotismus
lag darin, daß auch er an ein strenges Hofceremoniel gebunden war.
Die Beobachtung des Ceremoniels wurde als eine religiöse Psticht be¬
trachtet und verschaffte den Priestern einigen Einstuß auf den König.
Der Priesterkaste, den Magiern, war die Erhaltung der wissenschaft¬
lichen Kenntnisse und die Ausübung der heiligen Gebräuche über¬
lassen. Die Magier machten als Priester, als Wahrsager und als
Rathgeber des Königs einen wesentlichen Theil des Hofes aus, sie
standen nebst den Verschnittenen und Weibern dem König am näch¬
sten. Es war ein Haupttheil von der Erziehung des Königs, daß
er in der Lehre der Magier unterrichtet wurde. Diese Lehre mit
persischen Begriffen vermischt hieß das Gesetz der Perser und Meder,
und umfaßte die Kenntnisse aller heiligen Gebräuche, welche sich so¬
wohl auf die Verehrung der Götter, als auch auf das ganze Pri¬
vatleben jedes Ormuzddieners bezogen. Die Magier salbten den
König bei seiner Thronbesteigung, führten die Jahrbücher über seine
Regierung, bekleideten auch weltliche Staatsämter, welche Kennt¬
nisse erforderten, und leiteten die Bestattung der Könige. Dem Kö¬
nige am nächsten standen die sieben Reichsfürsten, welche ungehin¬
derten Zutritt zu dem Inneren des Palastes hatten, und von denen
drei bei der Salbung des Königs die Ehrenämter verwalteten, ihn
mit dem Kleide des Cyrns und mit der Tiara oder der königlichen
Kopfbedeckung zu bekleiden und ihm den Degen umzuschnallen. Die
Umgebung des Königs bildeten zahlreiche Leibwachen und eine er¬
staunliche Menge von Hofbedienten, welche freie Beköstigung hatten.
Täglich wurden 15,000 Menschen von dem Tische des Königs ge-