Full text: Geschichte des Alterthums (Theil 1)

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Bundesgenossen irgend einen Dienst geleistet habe, und da keiner 
dieses nachweisen konnte, so wurden alle 200 Platäer und 25 Athener, 
hingerichtet. Die Weiber wurden als Sklavinnen verkauft, die Stadt 
von den Thebanern mit Ausnahme der Tempel dem Erdboden gleich¬ 
gemacht und das Land als thebanisches Staatseigenthnm verpachtet. 
In ihrem Haß und ihrer Erbitterung strebten beide Parteien, den 
derbniß. Gegner nicht nur zu besiegen, sondern zu vernichten. Ganz Griechenland 
theilte sich in zwei feindliche Parteien, indem die aristokratischen Staa¬ 
ten sich an Sparta, die demokratischen an Athen anschlossen. Diese 
große Spaltung machte selbst die einzelnen griechischen Städte zu 
Tummelplätzen wüthender Leidenschaften, da in jeder Stadt eine 
aristokratische und eine demokratische Partei sich feindlich gegenüber 
standen, und bald die eine bald die andere Partei die Oberhand er¬ 
hielt. Der Sieg der einen Faktion über die andere war gewöhnlich 
mit großen Grausamkeiten begleitet; die Unterliegenden wurden in 
großen Schaaren verbannt und auf jegliche Weise verfolgt. Wäh¬ 
rend diese, von Sehnsucht nach Rückkehr und von Durst nach Rache 
erfüllt, auf den Sturz ihrer Gegner sannen, schwebten die Sieger 
in steter Furcht, daß die Ausgetriebenen mit fremder Unterstützung 
zurückkehren möchten. Ein schauderhaftes Beispiel von dem grausamen 
und blutigen Charakter, welchen dieser Kampf der Parteien annahm, 
gab die Insel Kocyra. Hier wüthete zwei Jahre, von 427 bis 
425 v. Chr., ein blutiger Bürgerkrieg, in welchem die Aristokraten 
von der peloponncsischen Flotte, die Demokraten von der athenischen 
unterstützt wurden. Endlich erlangte die demokratische Partei durch 
gänzliche Vertilgung der Aristokraten die Oberhand. Fünfhundert 
Aristokraten, welche sich dem athenischen Feldherrn ergeben hatten, 
wurden der grausamen Rache des korcyräischen Volkes überlassen. 
Man schleppte sie in ein großes Gebäude, vor dessen Thoren Be¬ 
waffnete eine Gasse bildeten. Je zwanzig wurden herausgeführt und 
niedergehauen. Als sechzig so ermordet worden waren, weigerten sich 
die übrigen herauszukommen. Da stieg der Pöbel auf das Dach 
des Hauses, deckte dasselbe ab und warf mit Ziegeln und Wurfspießen 
auf die Unglücklichen. Viele wurden auf diese Weise gctödet, die 
übrigen nahmen sich selbst das Leben. Durch diese Parteikämpfe 
nahm die Entsittlichung überhand, Ränke und Mißtrauen herrsch¬ 
ten überall, selbst die furchtbarsten Schwüre wurden nicht heilig ge¬ 
halten. Die Unbesonnensten und Gewaltthätigsten bekamen gewöhnlich, 
wenigstens für einige Zeit, die Oberhand; die Häupter in den Städ¬ 
ten erlaubten sich die frechsten und empörendsten Handlungen; dem 
Recht und der Frömmigkeit wurde kein Werth mehr beigelegt. Selbst 
die Bedeutung der Worte wurde verdreht; unbesonnene Verwegenheit 
galt für Tapferkeit, Vorsicht und Mäßigung aber für Feigheit und 
Zaghaftigkeit; Treulosigkeit und Ungerechtigkeit wurden als Klugheit 
gelobt. 
Dcr^Krieg bis Gegen das Ende des Jahres 427 v. Chr. brach auch in Athen 
dm die Seuche nochmals mit erneuter Heftigkeit ans und wüthete ein 
ciak. 421. ganjeg Jahr, verschwand aber dann. 
Der Krieg erhielt eine immer größere Ausdehnung. Im Jahr 
427 v. Chr. schickten die Athener eine Flotte von zwanzig Schiffen
	        
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