Full text: Geschichte des Mittelalters (Theil 2)

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Montfort, Grafen von Lcicester. Dieser talentvolle, kühne und 
ehrgeizige Mann war ein jüngerer Sohn des aus den Albigenser- 
kricgen bekannten Grafen Simon von Montfort und der Schwager 
und frühere Liebling des Königs. Als nun 1258 eine neue Geld¬ 
verlegenheit den König nöthigte, die Großen zu einem Parlament 
zu berufen, erschienen diese bewaffnet und führten eine so heftige 
Sprache, daß Heinrich sie gleich wieder entließ und zu einer neuen « 
Versammlung nach Oxford beschied. Am 11. Juni 1258 trat zu 
Oxford die Versammlung zusammen, welche den Namen des tollen 
Parlaments erhalten hat. Die Barone, welche mit zahlreichem 
Gefolge erschienen waren, zwangen den König nicht nur die Frem¬ 
den aus seiner Umgebung zu entlassen, sondern auch eine neue Re¬ 
gierungsform anzuerkennen. Es wurden 24 Barone und Prälaten 
gewählt, um die Reformen im Reiche vorzunehmen. Die königli¬ 
chen Beamten wurden entlassen und andere erwählt. Das Gerichts¬ 
wesen und die Verwaltung wurden neu geordnet. Das Parlament 
sollte jährlich dreimal gehalten werden und in der Zwischenzeit ein 
Ausschuß von zwölf Baronen die ganze Gewalt des Parlaments 
haben. Die Monarchie wurde in eine Oligarchie umgewandelt. 
Der König mußte das alles durch einen Eid bekräftigen. 
Durch diese Reform wurde dem hohen Adel eine überwiegende 
Gewalt gegeben. Damit war aber theils die königliche Familie, 
besonders Richard von Cornwall, theils der niedere Adel nicht zu¬ 
frieden. Auch Simon von Leicester war der Herstellung des Frie¬ 
dens entgegen, weil er durch eine Revolution zum Throne zu ge¬ 
langen suchte. Endlich ließ sich auch der König vom Papste seines 
Eides entbinden. Da kamen beide Parteien überein sich dem schieds¬ 
richterlichen Ausspruche Ludwigs IX. von Frankreich zu unterwer¬ 
fen, und dieser entschied, die königliche Würde solle wieder herge¬ 
stellt, aber auch die Freiheit des Volkes erhalten und allgemeine 
Amnestie gewährt werden. Mit dieser Entscheidung war aber der 
Graf von Leicester nicht zufrieden und griff wieder zu den Waffen; 
bei Lewes in Sussex schlug er 1264 das königliche Heer und nahm 
den König, dessen Sohn Eduard und Richard von Cornwall ge¬ 
fangen. Jetzt war Simon der eigentliche Regent des Landes und 
zwang den König alles zu unterzeichnen was er ihm vorlegte. Er 
berief 1265 in das Parlament nicht nur die geistlichen und weltli¬ 
chen Großen, sondern auch zwei Deputirte des niederen Adels und 
eine Anzahl Abgeordnete aus den Städten. Denn gleichzei¬ 
tig mit den Städten im übrigen Europa hoben sich auch die engli¬ 
schen; die bedeutenderen erreichten die Umwandlung der persönlichen 
Lasten *in bestimmte Zahlungen, erwarben Marktrechte, die Wahl 
ihrer Obrigkeiten und eigene Statuten. 
Simon von Leicester machte sich durch seinen Stolz und seine 
Anmaßung und durch das rohe und übermüthige Verfahren seiner 
Söhne verhaßt. Der Prinz Eduard entkam aus seiner Haft, 
sammelte die Anhänger des Königs um sich und errang in der 
Schlacht bei Evesham 1265, in welcher Leicester fiel, einen voll¬ 
ständigen Sieg. Die seit dem oxforder Parlament gemachten Aen¬ 
derungen der Verfassung wurden wieder aufgehoben. Der Prinz 
Eduard folgte, nachdem die Ruhe in England wieder hergestellt
	        
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