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mit religiösen Gebräuchen verbunden, und auch der Fürst erscheint
hierbei thätig. Wenn die heiligen Rosse angeschirrt wurden,- um
durch ihr Wiehern den Willen der Götter kundzuthun, dann be¬
gleitete sie der Vorsteher des Volkes, mochte es ein König ober
gewählter Fürst sein. Aber neben dem König oder Fürsten wird
auch der Priester genannt. Auch im Heere und in der Volksver¬
sammlung sind die Priester thätig. Man hat daraus auf eine alte
Verbindung von Obrigkeit und Priesterthum schließen wollen; doch
findet sich davon keine Spur. Ueberall ist die Stellung der Prie¬
ster von der der weltlichen Obrigkeit völlig verschieden.
Die Fürsten genossen hohe Ehre und bedeutende Achtung unter
dem Volke. Es war keine unbeschränkte Gewalt, die in ihre Hände
gelegt wurde; doch Gehorsam, Achtung und Ehrfurcht vor dem
Vorsteher des Staates ist mit der Freiheit nicht unverträglich. Den
besten, tüchtigsten wählen die guten, tapfern Männer zum Fürsten,
und ihm ordnen sie sich freiwillig unter. Sein Recht war es, Ge¬
schenke von dem Volke zu empfangen, dem er vorstand; auf den
großen Versammlungen erschien jeder und brachte dem Fürsten Früchte
des Landes, Vieh oder andere Gaben. Das war der Lohn für das
Amt, und es mehrte seinen Reichthum. Von anderen Ehren, die
der Fürst genoß, wird aus so früher Zeit wenig überliefert. Ta-
citus erwähnt noch den Haarschmuck, der die Fürsten bei den Sue-
ven auszeichnete.
Es waren nun aber nicht bloß Obrigkeiten für den Frieden,
sondern auch Anführer für den Krieg nöthig. Bei den Sachsen
loosten die Fürsten, wenn ein Krieg drohte, und alle folgten dem
als ihrem Führer und gehorchten ihm, welchen das Loos bestimmte.
Nach Beendigung des Krieges waren alle Fürsten wieder einander
gleich. Tacitus sagt: Heerführer (Herzöge, duces) wählen sie
nach Tüchtigkeit, die Könige nach dem vornehmen Geschlecht. Bei
den Sachsen wurde der Herzog aus der Mitte der Fürsten gewählt,
und es ist wahrscheinlich, daß dieses Regel war, so daß der Herzog
zugleich als Fürst angesehen werden kann. Es war alte Sitte, daß
der gewählte Herzog von dem Volke auf den Schild gehoben und
so von allen jubelnd begrüßt wurde. Auch auf die Könige ist die
Sitte übergegangen und hat sich bei verschiedenen Stämmen lange
erhalten. Wenn nun auch bei den größeren Völkerschaften, die aus
mehreren Gauen bestanden, in der Person des Herzogs ein höchster
Anführer gewählt wurde, so dürfen wir doch bei den Fürsten nicht
bloß an eine Eivilgewalt denken. Wie später der Graf im fränki¬
schen Reiche zugleich Heer und Gericht leitete, obrigkeitliche Gewalt
jeder Art im Frieden ausübte und im Kriege als ein mächtiger
Beamter dastand, so wird es ähnlich in älteren Zeiten auch mit
den Fürsten der Fall gewesen sein. Der Fürst war auch im Kriege
der Anführer seines Bezirks.
Das Ansehn und die Ehre des Fürsten vermehrte das Ge¬
folge, das ihn umgab. Tapfere Männer aus dem Volke schlossen
sich dem Fürsten an; sie mußten stark, ihr Muth erprobt sein; jün¬
gere wurden nur aufgenommen, wenn erlauchte Herkunft oder Ver-