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ferì. Varus stürzt sich in sein Schwert, die Schlackt ist völlig ver¬
loren. Nur wenigen Römern gelang es, nach Aliso zu entkom¬
men. Der Niederlage folgte die Eroberung aller römischen Kastelle
zwischen Rhein und Weser. Nur bei den Friesen, Chaucen und ei¬
nigen anderen Stämmen an der Nordsee, welche an dem Aufstande
keinen Theil genommen hatten, dauerte das befreundete Verhältniß
zu den Römern fort. Die Nordküste ausgenommen, bildete der Rhein
wieder die Grenze Germaniens gegen die Römerherrschafl. Und
das war Armins Werk.
Augustus und die Römer wurden durch die Nachricht von Va-
rus Niederlage in den größten Schrecken versetzt. Man wähnte, und Germa¬
die Germanen wären über den Rhein vorgedrungen, die Gallier mcué*
im Aufstande, und sah im Geiste schon Italien und Rom bedroht.
Wachen müssen Nom durchziehen, alle Gallier und Germanen die
Stadt verlassen. Augustus suchte der drohenden Gefahr eiligst zu
begegnen und die in der Nähe von Rom befindlichen Legionen so
schnell als möglich vollzählig zu machen. Bei der Aushebung neuer
Truppen mußten die härtesten Zwangsmittel, selbst die Todesstrafe
angewendet werden. Mit den auf diese Weise zusammengebrachten
Truppen schickte Augustus 10 n. Chr. seinen Stiefsohn Tiberius an
den Rhein. Tiberius schützte die Grenzen und versicherte sich der
Treue Galliens. Im Jahre 11 n. Chr. hielt er sich ehrenhalber
verpflichtet, den Rhein zu überschreiten; aber er that dieses mit der
größten Vorsicht und drang auf bekannten Wegen sicherlich nicht
weit vor. Im Jahre 12 n. Chr. erhielt Germanicus, der Sohn
des Drusus und der Neffe des Tiberius, den Oberbefehl am Rhein.
Er ging 14 n. Chr. über den Rhein und verheerte die Gaue der
Marsen. Einen umfassenderen Plan führte er 15 n. Chr. aus.
Zwei Heere durchzogen die Gebiete der Chatten und Cherus¬
ker. Die Umstände waren günstig. Zwiespalt trennte die Germa¬
nen; Segest hatte seinen Schwiegersohn Armin und dessen Gat¬
tin gefangen genommen, Armin aber hatte sich bald wieder befreit
und belagerte Segest in dessen Burg. Dieser rief die Römer zu
Hülfe und ergab sich dem Germanicus, der ihm mit seiner Familie
Schutz und Wohnsitze am linken Rheinufer verhieß. Bei Segest's
Unterwerfung gerieth mit vielen anderen germanischen Männern und
Frauen auch dessen Tochter Thusnelda, die schwangere Gattin Ar-
min's, in die Gewalt der Römer. Bei der Nachricht, daß sein
Weib in die Knechtschaft fortgeführt worden sei, durcheilte Armin
die Gaue der Cherusker und rief auf zur Rache und zu den Waf¬
fen gegen die verrätherischen Römer. Als nun nicht nur die Che¬
rusker, sondern auch die benachbarten Völker dieser Mahnung folg¬
ten und sich erhoben, beschloß Germanicus, der schon wieder über
den Rhein zurückgegangen war, vor allen die Cherusker zu ver¬
nichten. Während ein römisches Heer durch das Land der Brukte-
rer zur Ems zog, die Reiterei an den Grenzen der Friesen gegen
den Fluß vorrückte, schiffte Germanicus vier Legionen auf dem Zuy»
der-See ein. An der Ems vereinigten sich die drei Heeresabthei¬
lungen. Der Verwüstungszug traf die Gegenden zwischen der Ems
und der Lippe. Das römische Heer gelangte bis zum teutoburger
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