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durchgesetzt. Ein auswärtiger Feind hatte sich mit dem innern verbün¬
det; mit einanver waren sie besiegt worden; die Gründung der Macht
erschien nicht als Unterdrückung, sondern als ein Sieg über den alten
Landesfeind. Noch regte sich in Einzelnen und in Corporationen das
Gefühl ihrer Macht; es gehörte Wachsamkeit dazu, um sie in ihren
Schranken zu hatten. Heinrich IV. verwandte seinen Scharfsinn und
seine Thatkraft auf die Durchführung des monarchischen Princips. So
eng er mit den Parlamenten verbunden war, so duldete er doch ihr
Eingreifen in die politischen Geschäfte nicht. Mit der Geistlichkeit
war er im besten Einverständniß, allein auf seinem Anrecht an einen
Theil ihres Ertrages bestand er mit großem Nachdruck. Den beiden
religiösen Parteien gestattete er eine einander entgegengesetzte Rich¬
tung und Selbständigkeit. Eö war ihm genug, wenn er die einen und
die andern in Pflicht hielt, nur in ihm war die Einheit des Staates;
der geborne König wollte für alle sorgen, doch sollten sie ihm alle ge¬
horsam sein. 'Er war von dem Gedanken durchdrungen, daß wie alle
Gewalt im Reiche, so auch die religiöse Freiheit ihre O-uelle und ihre
Stütze habe in der politischen Gewalt des Königs. Heinrich IV. scheint
sich auch nach seinem Uebertritt zum Katholicismus nie ganz von den
protestantischen Ideen losgerissen zu haben. Es gab Momente, wo er
durch seinen Uebertritt ein Unrecht begangen zu haben glaubte. Es
lebte in ihm ein Mitgefühl für beide Parteien, das sich in Hinneigung,
bald zu der einen, bald zu der andern aussprach. Den Jesuiten
räumte er 1603 die entrissenen Collegien wieder ein; ec meinte, daß er
von den Jesuiten am meisten zu fürchten habe, wenn sie außerhalb des
Reiches gegen ihn wirkten. Heinrich IV. war ein Kriegsmann. Außer
den großen Schlachten zählt man bei 200 kleinere Gefechte, an denen
ec Theil genommen haben soll. Ein freudiger Muth, der sich von ihm
über daß ganze Heer verbreitete, und ein rascher Blick, mit dem er die
Bewegung, Stärke und Haltung der Feinde ermaß, zeichneten ihn aus.
Er pflegte gern davon zu sprechen, daß ec unter den Waffen aufgewach¬
sen sei und von bürgerlichen und diplomatischen Geschäften wenig ver¬
stehe; aber bei aller Einfachheit seines Wesens wetteiferte er mit den
gewandtesten Diplomaten. Er liebte es, sich zu dem gemeinen Volk zu
gesellen; er zog Sackpfeife und Schalmei kunstmäßiger Musik vor. Wie
er auf d§n Feldzügen mitten unter den Soldaten sitzend ihr Schwarz¬
brot mit ihnen theilte, so mischte er sich in den Schenken, in die ihn
die Jagd führte, so lange als möglich unerkannt, unter die Leute und
ließ sich mit ihnen in Gespräche ein. Auch auf den Märkten erschien er
und kaufte selbst ein; bot aber immer die geringsten Preise. Aber auch
der Hof und seine Genüsse zogen ihn an. Enthaltsamkeit und- regel¬
mäßige Lebensweise konnte man an ihm nicht rühmen. Er grollte seinem
Finanzminister, wenn dieser Anstand nahm, seine Spielschulden zu zah¬
len. Er war lauter Lebenskraft und Lebenslust, nicht frei von dem
Cynismus, der diese zu begleiten pflegt.
Von seiner Gemahlin, Margaretha von Valois, lebte Heinrich
getrennt, und als er beim Papst die Scheidung betreiben ließ, unterstützte
sie das Gesuch, bis der Papst demselben entsprach (1599). Seine neue
Gemahlin, Maria von Medici, vermochte auch nicht ihn zu fesseln,
vielmehr schenkte er feine Gunst fortwährend anderen Frauen.