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«Nun, Rosamunde, sagte die Mutter, dieser Laden
scheint Dir nicht so hübsch, wie die übrigen?»
«Nein, lange nicht; er ist schwarz und dunkel und da
sind nichts als' Schuhe rund umher, und außerdem ist ein
sehr unangenehmer Geruch hier.»
«Dieser Geruch ist der Geruch von neuem Leder.»
«£)!» sagte Rosamunde, umherblickend, «da sind ein
Paar kleine Schuhe, die werden mir gewiß grade passen."
«Vielleicht; Du kannst nicht gewiß sagen, ehe Du
sie angepaßt hast, eben so wenig als Du sagen kannst,
daß Du die purpurne Vase ganz gewiß außerordent-
l i ch gern leiden mögen wirst, bevor Du sie aufmerksamer
untersucht hast.»
«Ja, ich weiß eS nicht in Hinsicht der Schuhe, bis ich
sie anprobiert habe; aber, Mutter, den Blumentopf,
das weiß ich ganz gewiß, den würde ich leiden mögen.»
«Nun wohl, was möchtest Du lieber haben, den Krug
oder ein Paar Schuhe? Eines von Beyden will ich Dir
kaufen.»
»Danke, liebe Mutteraber wenn Du Beydes kau¬
fen könntest?»
«Nein, Beydes nicht.»
«Dann den Krug, wenn Du so gut seyn willst.»
«Aber ich muß Dir sagen, daß ich Dir kein andres
Paar Schuhe diesen Monat geben werde.»
«Diesen Monat? Das ist wirklich eine lange Zeit! Du
glaubst nicht, wie diese mir weh thun; ich thue wohl bes¬
ser, ich nehme die neuen Schuhe — aber doch, der pur¬
purne Blumentopf. — O, wahrlich, Mutter, diese Schu¬
he sind nicht so sehr, sehr schlecht. Ich dächte, ich könnte
sie wohl noch etwas länger tragen; und der Monat wird
bald vorüber seyn'-; ich kann bis Ende deö Monats noch
damit auskommen; nicht wahr? Glaubst Du nicht auch,
Mutter?»