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Verschiedenes.
die Tannen, Stechpalmen, Zypressen und Schlingrosen grün
unter ihrer Schneehülle durchleuchten. Zutrauliche schwarze
Amseln hüpfen über den Weg und Picken mit ihren gelben
Schnäbeln die Brotkrümchen auf, die man ihnen hinwirft.
Rab! Rab! ruft es aus der Luft, da fliegt ein ganzer
Schwarm der hungrigen Wintervögel einher, um wenige
Schritte vor uns sich schreiend niederzulassen. Der Schnee
aber knistert unter unsern Füßen; wir schütteln ihn von
Zeit zu Zeit von den Sohlen und werfen dem winterlichen
Strome noch einen Abschiedsgruß zu, trotz aller Winter¬
freuden die Zeit herbeiwünschend, wo es wieder grün und
sommerlich hier sein wird.
172. Korfu.
Korfu ist die Insel der Phäaken, die Heimat der
Nausikaa. Natur und Menschenhand vereint haben dies
Eiland geschmückt, so überreich, daß dem, der diese Fluren
durchwandelt, zu Mute ist, als träume er nur so schön. Je
weiter man in die Insel hineinschreitet, desto reizender ist
alles, was inan da sieht. Die Venezianer, welche vierhun¬
dert Jahre lang die Herrscher in diesen Meeren waren,
haben Korfu in einen Ölgarten verwandelt. Für jeden neu¬
gepflanzten Ölbaum wurde von der Regierung eine Beloh¬
nung ausgezahlt, und infolgedessen wachsen hier noch heute
unzählige dieser segenspendenden Bäume. Und was für
Bäume! Gegen diese erscheinen die Ölbäume Italiens wie
elende Krüppel. Es sind Baumriesen, hochausstrebend, mit
gewaltigen Kronen, mächtig verzweigt, weitschattend, die
Rinde geborsten und zerrissen vor Alter, die Äste umein¬
ander gewunden wie Tauwerk. Wo wir auch wandeln, überall
ist das Land ein einziger Gartenwald. Unter den Bäumen
ist moosdurchwachsener Rasen, drin duften jetzt, im März,
zahllose blaue und weiße Veilchen und leuchten bunte, große
Anemonen, wie der Norden sie nicht kennt; frische Quellen
rieseln durch die Wiesen die Abhänge hinunter ins Meer,
Herden von Schafen und Ziegen weiden da; freundliche
Landhäuser und Dörschen blinken durchs Grün.