204 X. Die inner. Verhältn. d. Mark unt. d. Hohenz. Kurf. v. d. Reform.
Glauben fest, daß in der That durch dieselbe Wunderdinge zu
erreichen seien.
Eine zweite wunderbare Wissenschaft war ebenfalls damals
allgemein hoch geachtet, die Astrobogie oder die Kunst, aus
den Sternen das zukünftige Schicksal zu lesen. Sie war so all—
gemein verbreitet, daß an allen Höfen der Fürsten besoldete Hof—
Astrologen gehalten wurden. Auch Joachim hatte einen solchen,
und wenn dem Kaiser Karl V. durch einen berühmten Astrologen
die Mittheilung wurde, die Erde werde im Februar 1524 durch
eine Sündflut heimgesucht werden, so daß ein Feldherr in Spa—
nien von Karl verlangte, er möchte auf den höchsten Bergen
seines Reiches Magazine anlegen lassen, um dort mit dem Heere
Rettung zu finden: so wird man es nicht so auffallend finden,
daß auch Joachim einer solchen Prophezeiung Glauben schenken
konnte. Nach Angabe seines Hof-Astrologen sollten am 15. Juli
1525 Berlin und Cöln durch ein schweres Wetter untergehen.
Der Kurfürst begab sich deshalb am Morgen des genannten
Tages mit seiner Familie und seinem Hofe nach dem heutigen
Kreuzberge, südlich von Cöln, um dort das Unglück abzuwarten.
Erst am Nachmittag ließ er sich durch seine fromme Gemahlin
Elisabeth bewegen, wieder in das Schloß zurückzukehren und dort
mit seinen Unterthanen gemeinschaftlich abzuwarten, was Gott
über sie verhängen würde. Noch ehe er das Schloß erreichte,
ereilte ihn ein schweres Gewitter, dessen Blitzstrahl die vier Pferde
vor seinem Wagen nebst dem Wagenführer erschlug, sonst aber
keinen Schaden anrichtete. — Noch mehrfach wiederholten sich
solche Voraussagungen, und besonders waren es die Mönche,
welche sich das Verdienst zuschrieben, durch ihr Gebet das Un—
glück abgewendet zu haben.
Schlimmer noch als diese zeitweiligen Verirrungen war der
Einfluß der astrologischen Träumereien auf die Heilwissen—
schaft. In jene Zeit fällt nämlich auch die erste Bearbeitung
von medizinischen Kalendern, welche nach astrologischen Grund—
sätzen die geeigneten Zeiten für Aderlaß, Schröpfen ꝛc. festsetzten;
wurden doch oft genug in einzelnen Fällen die Gestirne befragt,
ob der Gebrauch von Arzneimitteln heilsam sein werde. Wie
traurig es demnach mit der Medizin aussah, wie zahlreich die
Pest, die wiederholt in jenen Zeiten auftrat, ihre Opfer forderte,
läßt sich leicht ermessen. Weder gegen den Scharbock, der zu
Ende des 15. Jahrhunderts wüthete, noch gegen venerische Krank—
heiten, die als Epidemie furchtbare Verheerungen anrichteten,
wußte man geeignete Mittel anzuwenden, und Unzählige erlagen