342 XII. Die inner. Verhältn. d. Mark u. d. Hohenz. Kurf. n. d. Reform.
aber diesem lästigen Wachdienste zu entgehen, entzogen sich immer
mehr Bürger der Musterung. Ueberdies sah es mit der Be—
waffnung kläglich aus, seit Spieß und Schwert allein nicht mehr
ausreichten. Feuergewehr sich anzuschaffen, war Vielen zu kost—
spielig, noch Wenigere verstanden, diese Feuerwaffen gut zu ge—
brauchen, ungeachtet die Kurfürsten wiederholt zum Scheiben—
und Vogelschießen aufmunterten. Da auch bei der veränderten
Kriegführung die alten Mauern und Wälle die Städte nicht
mehr schützten, wurde das nun überflüssig gewordene Geschütz
verkauft, wenn nicht schon Freund wie Feind ihre Verluste mit
den tauglichsten Stücken daraus ergänzt hatten.
Zur Bewachung des kurfürstlichen Hauses war seit älterer
Zeit eine Leibwache üblich, die dreifacher Art war. Zunächst
war es die adlige Leibwache Reisiger, die 1596 aus vier und
zwanzig jungen Adligen, „Adelsburschen“, bestand und da—
mals von Kurfürst Johann Georg auf zwölf beschränkt wurde,
einige Jahre später sogar auf neun. Sie waren zu einjährigem
Dienst verpflichtet, haften für das Wohl des Kurfürsten Sorge
zu tragen und jeden Schaden und Nachtheil desselben zu ver—
hüten. Gewöhnlich hatten je vier von ihnen abwechselnd die
Wache vor des Kurfürsten Zimmer, während die übrigen unter
dem Hofmarschall bei Hofe aufwarteten. Sie standen unter
einem Hauptmann und zwei Rottmeistern und erhielten ihre
Beköstigung bei Hofe; je zwei von ihnen hatten einen Burschen
zur Bedienung, der ebenfalls mit dem Hofgesinde speiste. Neben
ihnen bestand eine Leibwache s. g. Einspänniger“ zu Roß
aus gemeinen Reiterknechten, die ebenfalls zu einjährigem Dienste
geworben waren. Auch sie hatten gleiche Sorge für die Be—
schützung und Vertheidigung des Kurfürsten zu tragen; ebenso
sollten fsie für dessen Gemahlin und die junge Herrschaft in Noth—
fällen ihre Waffen tapfer führen, so lauge sie diese in der Faust
halten könnten. Bei etwänigen Aufträgen hatten sie Ver—
schwiegenheit bis ins Grab zu beobachten. Sie standen unter
dem Befehle eines Hauptmanns und eines Lieutenants, und 1617
waren ihrer und der Adelsburschen drei und sechzig Mann.
Gleiche Pflichten wie ihnen lagen den ,(Trabanten“ ob, welche
die kuͤrfuͤrstliche Garde zu Fuß bildeten; auch sie standen unter
einem Hauptmann und Lieutenant, welche ohne Weiteres die
Säumigen aus dem Dienste entlassen konnten, falls diese wieder—
holt sich etwas zu Schulden kommen ließen. Ihre Zahl belief
sich auf nie mehr als höchstens einige hundert Mann, und sie
waären nicht sowohl für den Krieg als für den Frieden berechnet.