Die Anhaltiner.
(vermuthlich 1034). Da der Stammsitz der Familie, das Schloß
Balleustädt, in ein geistliches Stift, später in ein Benedikti⸗
nerkloster verwandelt wurde, nahmen die Grafen ihren Sitz in
dem Schlosse An halt im Selkethal, und als dieses zerstört
wurde, in Aschersleben, im mittelalterlichen Latein Kscaria
genannt, welchen Namen man in Ascania corrumpirte. Nach
diefem Wechsel ihres Sitzes veränderte auch die Familie nach da—
maliger Sitte den Namen. Der ältere Enkel jenes Esico, Graf
Otto, erhielt wegen der bedeutenden Erwerbungen, die er für
sein Haus gewann, den Beinamen des „Reichen“. Er war
näͤmlich mit Eilike (Adelheid) vermählt, einer Tochter des
Sachsenherzogs Magnus, des letzten aus der Familie Billung,
der 1106 starb, und er erheirathete mit ihr viele Billungsche
Güter in Ostfalen und Engern. Wegen dieser Verwandtschaft
wurde er von Kaiser Heinrich V., der dem ihm feindlich gesinnten
Herzog Lothar 1111 sein Herzogthum abgesprochen hatte, mit
Sachsen belehnt, doch gelang es ihm nicht, sich in den Besitz
desselben zu setzen. Dagegen brach er mit dem Erzbischofe von
Maͤgdeburg vereinigt in die wendischen Gaue Ciervisti und
Moraziani ein und bemächtigte sich 1114 eines großen Thei—
les derselben, z. B. auch der Stadt Ziesar und des Ortes Leitz—
kau, wo hernach ein Prämonstratenser-Kloster eingerichtet wurde,
in welchem die Bischöfe von Brandenburg, damals noch immer
in partibus, ihren Sitz nahmen und von dort aus das Christen—
thum eifrig bei den Wenden verbreiteten. Eben so glücklich war
er im folgenden Jahre 1115 in dem siegreichen Gefecht bei Kö—
then, durch welches er die über die Elbe vorgedrungenen Wen—
den nicht nur zurücktrieb, sondern auch seine Eroberungen in jenen
Gegenden erweiterte. Als er zu Anfang des Jahres 1123 starb,
folgte ihm sein Sohn Albrecht der Schöne oder wegen
seiner Tapferkeit gewöhnlich der Bär genannt, zwar noch jung
(er war um das Jahr 1100 geboren), äber durch seinen Ehrgeiz,
seine Thatkraft und Klugheit einer der ausgezeichnetsten Fürsten
seiner Zeit.
In demselben Jahre 1123 war der Besitzer der Ostmark, der
Lausitz sowie der Mark Meißen, Heinrich II. von Ilburg oder
Eilenburg aus der älteren Linie des Hauses Wettin, ohne Kinder
gestorben und Kaiser Heinrich V., der Ansprüche des jüngeren wetti—
nischen Hauses nicht achtend, gab Meißen und die Lausitz an den
Grafen Wiprecht von Groitzsch, die Ostmark an den Grafen Her—
mann von Winzenburg. Herzog Lothar von Sachsen jedoch, der
heftige Gegner des Kaisers, sprach Meißen dem Grafen Conrad