Gespanntes Verhältniß der Großmächte. 
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an seine früheren italienischen Besitzungen hervor, aus die es 
noch nicht Verzicht geleistet hatte, und benutzte einen Krieg des 
Kaisers Karl gegen die Türken, 1717 plötzlich Sardinien zu 
besetzen und ebenso auch 1718 den größeren Theil von Sicilien, 
als Victor Amadeus von Savoyen zögerte sich ihm anzuschließen. 
Diese Uebergriffe bewogen England im August 1718 zu einer 
Quadrupel-Alliance mit Frankreich, Holland und Oester¬ 
reich, welche zu sprengen Spanien alle Mittel vergeblich aufbot. 
Es war genöthigt im Frieden zu Haag (Februar-1720) beide 
Inseln wieder herauszugeben, von denen jetzt Sicilien an Oester¬ 
reich kam, Sardinien an Savoyen, das seitdem nach ihr 
den Königstitel führte; dagegen erhielt die spanische Königin 
das Versprechen, daß ihrem ältesten Sohne, dem Jnfanten Don 
Carlos, nach dem Aussterben des Hauses Medici Toscana und 
nach dem Aussterben des Hauses Farnese Parma und Piacenza 
zufallen sollten. 
Gleich darauf brachen neue Irrungen aus. Kaiser Karl VI., 
bemüht dem Handel seiner Unterthanen eine größere Ausdeh¬ 
nung zu verschaffen, hatte einer Privatgesellschaft, welche von 
Ostende aus einen vorteilhaften Verkehr mit Ostindien ange¬ 
knüpft hatte, 1722 einen Freibrief auf 30 Jahre zu dem aus¬ 
schließlichen Handel mit Ost- und West-Indien und der afrikani¬ 
schen Küste ausgefertigt. Hiergegen protestirten die Seestaaten 
und Frankreich, die sich dadurch in ihrem Interesse verletzt sahen, 
und vergeblich suchte ein Congreß zu Cambray 1724 diese 
und andere schwebende Fragen zu schlichten. Vielmehr kam es 
jetzt zu vollständigem Bruche. Den Umstand, daß zu dieser Zeit 
die Vermählung von Maria Anna Victoria, der Tochter Phi- 
lipp's V., mit dem jungen französischen Könige Ludwig XV. 
rückgängig gemacht wurde, benutzte Kaiser Karl, um den darüber 
erbitterten Philipp auf seine Seite zu ziehen. Schon im April 
1725 kam ein geheimes Bündniß zu Wien der Art zu 
Stande, daß Spanien die pragmatische Sanction Karl's V. 
garantirte und einen Handels-Vertrag mit Oesterreich abschloß, 
der besonders der Ostendischen Compagnie zu gute kommen 
sollte. Karl dagegen bestättigte dem spanischen Prinzen Don 
Carlos die Anwartschaft auf Toscana, Parma und Piacenza 
und versprach seine Vermittlung bei England, daß dies Gibral¬ 
tar und Minorca an Spanien zurückgäbe; käme es darüber 
zum Kriege, so wollte man gemeinschaftlich handeln. Außerdem 
wurde die Vermählung der Maria Theresia, der damals acht 
Jahr alten Tochter des Kaisers, mit Don Carlos verabredet,
	        
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