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A. Europa.
Diese und viele andere hier zusammenstoßende Gletscher bilden die größte
zusammenhängende Eismasse der Schweiz zwischen zum Theil noch nicht
erstiegenen Gebirgshörnern, welche wie Inseln ans dem Eismeere hervor¬
ragen. Beide Aarbäche vereinigen sich bald nach ihrem Austritt aus den
Gletschern und strömen nun, nachdem sie bei der Handeck über eine 200
Fuß hohe Felsenwand stürzend einen prachtvollen Wassersall gebildet, durch
das wilde Hasli-Thal dem Brienzer See zu. Die Aar durchströmt diesen
und den Thuner See und ergießt sich, nachdem sie die Cantone Bern,
Solothurn und Aargau durchflossen, bei Coblenz, 950" über dem Meere,
in den Rhein. Der Aar selbst strömen zu, vom linken Ufer: a) die
beiden vereinigten Lütschinen, welche sich in den Brienzer See ergießen;
b) die K ander, welche die Simmen aufnimmt und sich in den Thuner
See ergießt; c) die Saane (franz. Üariue), welche aus einem Gletscher
am Sanetschhorn entspringt und sich unterhalb Bern in die Aar ergießt;
c!) die Zihl, sie entspringt unter dem Namen Orbe aus dem See leg
llousses, aus französischem Gebiete, durchfließt den Lac de Joux und
fällt bei Yverdun in den Neufchateller See, in welchen sich von O. her
die den Murten-See durchströmende Broye ergießt; aus dem Neufchateller
See fließt die Orbe unter dem Namen Thielle zum Bieler See und von
diesem endlich zur Aar unter dem deutschen Namen Zihl. Vom rechten
User empfängt die Aar a) die Große Emme, welche am Hohgant ent¬
springt, den Canton Bern durchströmt und sich unterhalb Solothurn in die
Aar ergießt; b) die Suhr, welche, aus dem Sempacher See abfließend,
unterhalb Aarau die Aar erreicht; e) die Rein); ihre Hauptguelle entspringt
auf dem St. Gotthard aus dem kleiueu Lucendro-See, ein anderer Zu¬
fluß kommt von der Furca und vom Mutten-Gletscher, nachdeni sich beide
Quellflüsse bei Hospenthal vereinigt haben, durchbricht die Reuß den
Teufelsberg und strömt dann in unglaublich schnellem, von vielen der herr¬
lichsten Wasserfälle unterbrochenem Lause bis zum Vierwaldstätter See; ihr
Fall beträgt auf dieser kurzen Strecke 5060". Bei Luzern, von wo an sie
schiffbar wird, tritt sie wieder aus dem See, nimmt bald nachher die Kleine
oder Wald-Emme ans und fällt endlich unterhalb Brugg in die Aar.
d) Die Lim mal. Sie entsteht unter dem Namen Linth ans drei Bächen
am Fuß des Tödi, im Canton Glarus, stürzt darauf in einen an 200"
tiefen Schlund und ergoß sich ehemals unterhalb des Wallensees in die
Maag, den Abfluß dieses Sees. Die vielen Geschiebe, welche sie von
den höheren Gebirgen herabführt, hatten ihr Bett allmälig erhöht, den Ab¬
fluß des Sees immer mehr erschwert und seinen Wasserspiegel um mehr
als 6" erhöht, wodurch die Gegenden am West- und Ost-Ende des Sees
unter Wasser gesetzt oder versumpft wurden. Ein Canal, welcher 1807
angefangen und 1822 vollendet wurde, leitet nun die Fluthen der Linth zu¬
erst in einem 19,000" langen neuen Bett in den See selbst, und dann
durch den 3 Stunden langen Linth-Canal aus dem Wallen-See in den
Ziiricher See, wodurch über 20,000 Morgen des besten Bodens wieder ge¬
wonnen und die ganze Gegend gesunder geworden ist. Der Staatsrath
Conrad Escher von der Linth, der diesen Plan angegeben, hat sich dies
große Verdienst um sein Vaterland erworben. Den Züricher See verläßt
die Linth bei Zürich unter dem Rainen Limmat, um sich unweit der Reuß-