XIII. Die Inseln um Afrika.
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fruchtbar, besonders im nördlichen Theile. Das Klima ist im Innern ge¬
mäßigt, dagegen an vielen Stellen der Küste den Europäern höchst verderb¬
lich, die deshalb „der Kirchhof der Europäer" genannt worden ist. Die
trockne Zeit dauert hier vom August bis December, in den anderen 7 Mo¬
naten herrscht die Regenzeit; der Wechsel beider Jahreszeiten hängt mit den
Moussons zusammen: vom April bis Juli weht der SW.-, vom August
bis November süd- und östliche Winde, welche mit der heißen Jahreszeit
in den NO.-Mousson übergehen, der hier die heftigsten Orkane mit sich
bringt. Die Einwohner, Madegassen, bestehen aus mehreren Völker¬
stämmen, welche von eigenen Häuptlingen despotisch beherrscht werden und
unter welchen man deutlich an der Küste negerartige und im Innern ma-
layische und arabische Abkömmlinge unterscheidet; hierauf beruht auch eine
Art von Kastenunterschied, der hier herrscht und in welchem die Schwarzen
die niedrigsten Stufen einnehmen. Die Völker im NO. heißen Betsi-
missaraks und sind friedlich; die auf der Westseite der Insel, die Saka-
laven oder Maratis, sind unruhig und kriegerisch und machen verhee¬
rende Einfälle auf die Comoreninseln und die Küsten des afrikanischen Fest¬
landes. Die Ovas oder Hovas, welche malahischen Ursprungs sind und
vorzüglich auf dem hohen Plateau des Innern leben, haben sich allmälig
über einen großen Theil der Insel ausgebreitet und die übrigen Völker¬
schaften unterjocht, deren Häuptlinge dem Fürsten der Ovas, welcher zu¬
gleich das geistliche Oberhaupt in ihrem Götzendienst ist, Tribut zahlen.
Dieser Stamm hat in unseren Tagen bedeutende Fortschritte in der Civi¬
lisation gemacht; er treibt Ackerbau, wobei die Unfruchtbarkeit des Bodens
auf dem inneren Plateau durch sorgsame Bewässerung gehoben wird, starke
Viehzucht und mancherlei Gewerbe. Das Christenthum hatte in den Jahren
1816—30 im Lande nicht unbedeutende Fortschritte gemacht, ward jedoch
1835 wieder verboten.
Im Ganzen ist das Volk gut gebaut, gelehrig,
fröhlich, gastfrei, gutmüthig und abergläubisch; jeder Mann hat wenigstens
zwei Frauen; die Beschneidung herrscht allgemein; der Sclavenhandel ist
erst durch die Nachfrage der Europäer hier entstanden. Die Zahl der
Einwohner, welche im Innern betriebsamer als an der Küste sind, wird
sehr verschieden geschätzt, 3 Mill. dürfte wohl der Wahrheit am nächsten
sein, in jedem Fall wenig für einen Flächenraum von 8900 sljM. Das
unbekannte Innere der Insel enthält unermeßliche Waldungen: viele Arten
Palmen, Ebenholz, Bambus und schönes Holz zum Schiffbau sind über¬
flüssig vorhanden. Reis ist die allgemein angebaute Nahrungspflanze, und
davon wird viel ausgeführt; ebenso viel Rindvieh. Die großen afrikanischen
Säugethiere (Löwen, Elephanten rc.) fehlen hier ganz; dagegen sind der
Insel eigenthümlich die Makis oder Halbaffen. In den Gebirgen findet
man viel gutes Eisen, welches die Eingeborenen geschickt zu bearbeiten wissen;
Gold und Silber, Spuren von Zinn und einige Edelsteine, wie Granaten,
Rubine, Smaragde, Sapphire und große Bergkrhstalle. Alle tropischen
Gewächse würden hier herrlich gedeihen und finden sich zum Theil schon in
größter Ueppigkeit wild vor.
Den Europäern sind Ansiedelungen auf dieser Insel nie sonderlich^ ge¬
lungen. Schon die Portugiesen, welche hier unter Lorenzo Almeida 1506
zuerst landeten und die Insel San Lorenzo nannten, nach ihnen die Hol-