Metadata: Lieder vom sächsischen Vaterlande aus alter und neuer Zeit

— 48 — 
Den Mönch fragt ich, woher sie sei, 
Worauf er mir beherzt und frei 
Erzählte, daß im Böhmenland 
Man sie vor hundert Jahren fand. 
Ihm gab ein alter Lehrer sie; 
Nun müßt er selbst sich wundern hie, 
Daß sie entfalte solche Kraft, 
Die nur das Mark von innen schafft. 
Indes erhub sich groß Geschrei — 
Aus einer Feder wuchsen zwei 
Und Hunderte. — Ich wachte auf, 
Der Tag war schon im vollen Lauf; 
Wo nur ein feiner Josef wär, 
Der mir den ernsten Traum erklär!" 
Doch Herzog Hans spricht mit Bedacht: 
„Herr Bruder, das hat Gott gemacht. 
Wir warten still, es kommt der Tag, 
Der uns den Traum recht deuten mag." 
Des Abends waren lange Reihn 
Gen Wittenberg gezogen ein 
Von Pilgern, die aufs hohe Fest 
Sich rüsteten aufs allerbest. 
Die Kirche Allerheilgen war 
Reich an Reliquien wunderbar: 
Vor den Altären wollten dann 
Der Heilgen Gunst sie rufen an. 
Schau, durch der Waller enge Bahn 
Sieht man dem hohen Thore nahn 
Dort eine hagre Mönchsgestallt, 
Von langer Kutte weit umwallt. 
Die schlug ein Blatt für jedermann 
Mit kühnem Wort am Thore an. 
Das war ein Wort aus freiem Mund, 
Wie Schwertesklang zur rechten Stund, 
Von Tezels Ablaßtrügerei; 
Wie daß der Weg zum Himmel fei 
Wohl nicht um Gold und Gulden feil; 
Daß nur in Christi Kreuz das Heil, 
Daß nur in wahrer Buß und Reu 
Vergebung unsrer Sünden sei. 
Und wie fürwahr des Papstes Macht 
Noch keinen hätt zum Himmel bracht, 
Der nicht im Evangelium 
Sucht seines Glaubens höchsten Ruhm;
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.