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5. Und wo von heißen Tränen
Ein schmachtend Auge blüht,
Und wo in bangem Sehnen
Ein liebend Herz verglüht,
Der Traum kommt leis' und
linde
Und singt dem kranken Kinde
Ein tröstend Hoffnungslied.
Schlafet in Ruh! schlafet in
Ruh!
Vorüber der Tag und sein
Schall.
Die Liebe Gottes deckt euch zu
Allüberall.
6. Gut' Nacht denn, all ihr
Müden,
Ihr Lieben nah und fern!
Nun ruh' auch ich in Frieden,
Bis glänzt der Morgenstern.
Die Nachtigall alleine
Singt noch im Mondenscheine
Und lobet Gott den Herrn.
Schlafet in Ruh! schlafet in
Ruh!
Vorüber der Tag und sein
Schall.
Die Liebe Gottes deckt euch zu
Allüberall. E. Geibel.
16. Die Worte des Glaubens.
1. Drei Worte nenn’ ich. euch, inhaltschwer;
Sie gehen von Munde zu Munde;
Doch stammen sie nicht von aussen her;
Das Herz nur gibt davon Kunde.
Dem Menschen ist aller Wert geraubt,
Wenn er nicht mehr an die drei Worte glaubt.
2. Der Mensch ist frei geschaffen, ist frei,
Und würd’ er in Ketten geboren.
Lasst euch nicht irren des Pöbels Geschrei,
Nicht den Missbrauch rasender Toren!
Vor dem Sklaven, wenn er die Kette bricht,
Vor dem freien Menschen erzittert nicht!
3. Und die Tugend, sie ist kein leerer Schall;
Der Mensch kann sie üben im Leben,
Und sollt’ er auch straucheln überall,
Er kann nach der göttlichen streben,
Und was kein Verstand der Verständigen sieht,
Das übet in Einfalt ein kindlich Gemüt.