XVII. Ludwig XIV.
259
kurz tritt gegen die absolute Gewalt auf, wenn es nur ein Mittel
ist eine Rivalin Frankreichs zu schwächen. Das ist die auffallendste
Erscheinung in allen Beziehungen Ludwigs XIV. zuin Anslande.
Nicht weniger auffallend ist die Fähigkeit und Gewandtheit der fran¬
zösischen Diplomatie in dieser Periode. Die Namen eines Toroy,
v'Arauy und Anderer sind der ganzen gebildeten Welt bekannt.
Wenn man die Depeschen, Memoiren, die Gewandtheit und Hand¬
lungsweise von Ludwigs XIV. Rathgebern, mit der der spanischen.,
portugiesischen und deutschen Gesandten vergleicht, so wird man von
der Ueberlegenheit der französischen Minister, von dem Ernste ihrer Thä¬
tigkeit, von ihrer gänzlichen Widmung für die Staatsangelegenheiten,
vonder Unbefangenheit ihres Geistes sich überzeugen; diese Hofleute eines
absoluten Königs urtheilen über die äußeren Thatsachen, die Par¬
teien, die Bedürfnisse der Freiheit, über die Bewegungen der Völker,
viel besser als die meisten Engländer dieser Periode. Keine Diplo¬
matie des sechzehnten Jahrhunderts kann sich mit der französischen
messen, außer die holländische. Die Räthe eines Johannes von
Wytt und Wilhelms von Oranien, dieser beiden erlauchten Häupter
der Partei bürgerlicher und religiöser Freiheit, sind die einzigen,,
welche denen deS absoluten Gewalthabers entgegentreten können.
Ueberall, wir mögen die Kriege oder die Diplomatie Ludwigs XIV.
betrachten, gelangen wir zu demselben Resultate. Es wird einleuch¬
tend wie eine solche Regierung von bedeutendem Gewichte in Europa
werden konnte und nicht blos furchtbar, sondern auch gewandt und
einschüchternd auftreten konnte. Das Innere Frankreichs, die Ver¬
waltung und Administration Frankreichs gewähren uns neue Auf¬
schlüsse über die Macht und den Glanz seiner Regierung.
Eine genaue Definition dessen, was man eigentlich unter der
Verwaltung zu verstehen habe, ist schwierig. Geht man jedoch ge¬
nauer auf diese Thatsache ein, so erkennt man glaube ich, daß man
im Allgemeinsten hierunter die Gesammtheit der Mittel zu verstehen
hat, vermöge deren wir möglichst schnell und sicher, den Willen der
Centralgewalt in allen Zweigen des Gesellschaftsverbandes geltend
machen und dessen sämmtliche Kräfte auf jene zurückführen können.
Darin besteht, wenn ich mich nicht irre der wahre Zweck, der vor¬
herrschende Charakter der Verwaltung. Daraus ersieht man, daß
stets wo die Herstellung einer Einheit und Ordnung im Gesellschafts-
verbände nothwendig wird, die Verwaltung das große Mittel ist,
17*