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XXV. Moskaus Brand. 373
An diesem nämlichen Tage, den 14. September, begab sich
Napoleon, der endlich die Ueberzeugung gewonnen hatte, daß
Kutusow sich ihm nicht in die rechte Flanke geworfen, wieder zu
seiner Avantgarde. Einige Lieues vor Moskau stieg er zu Pferde.
Er marschirte langsam und vorsichtig, indem er alle Büsche und
Schluchten untersuchen ließ, und auf die Gipfel aller Höhen schickte,
um die feindliche Armee zu entdecken. Wir erwarteten eine Schlacht,
denn daS Terrain eignete sich dazu, es waren auch Verschanzungen
angefangen, doch alles war verlassen und wir fanden auch nicht den
geringsten Widerstand mehr.
Endlich war nur noch eine Höhe zu übersteigen; sie liegt dicht
an Moskau, das sie beherrscht, nämlich der Gnadenberg; er führte
diesen Namen, weil auf seiner Höhe, beim Anblick ihrer heiligen
Stadt, die Einwohner niederfallen und sich bekreuzen. Unsere Spitzen
hatte bald seine Höhe erreicht. Es war zwei Uhr und in der Sonne
glänzte diese Stadt mit tausend Farben. Bei diesem Anblick hielten
sie hocherstaunt und riefen ,, Moskau!" „Moskau!" Jeder beflü¬
gelte seine Schritte, in Unordnung eilten alle vorwärts und die ganze
Armee, in die Hände schlagend, wiederholte mit Entzücken den Aus¬
ruf „Moskau!" „Moskau!" so wie am Ende einer langen und
beschwerlichen Schifffahrt die Seeleute „Land! Land!" rufen.
Beim Anblicke dieser goldfunkelnden Stadt, dieses glänzenden
Verknüpfungspunktes zwischen Asien und Europa, dieses majestätischen
Vereinigungspunktes, wo der LuruS, die Sitten und die Künste der
beiden schönsten Theile der Erde sich zusammen finden, standen wir
still, stolze Gedanken in unserer Seele. Welcher Tag des Ruhms
war erschienen! Wie mußte er die größte, die glänzendste Erinne¬
rung unseres ganzen Lebens werden. Wir fühlten, daß in diesem
Augenblicke alle unsere Handlungen die Augen der ganzen Erde fes¬
seln mußten, und daß jede, auch die kleinste unserer Bewegungen,
der Geschichte angehöre.
Auf diesem ungeheuren Theater, das einen so großartigen Ein¬
druck machte, schienen wir hinzuschreiten, umrauscht von dem Freu¬
denruf aller Völker; stolz darauf, unser dankbares Jahrhundert weit
über alle Jahrhunderte zu erheben, sahen wir uns schon durch unsere
Größe, und in hellstrahlendem Glanze unseres Ruhmes.
Mit welcher, fast an Ehrfurcht grenzenden Hochachtung, mit
welchem hohen Entzücken, würden wir bei unserer so sehnlich ge-