Full text: Erster Unterricht in der Weltgeschichte für die untern Abtheilungen der Bürger- und Gelehrtenschulen; oder anschauliche Erzählungen und Schilderungen aus der alten und mittlern Geschichte

142 Einführung der Seidenzucht in Europa. 
fand man ihn in seinem Blute schwimmend auf dem Lager lie¬ 
gen (-153). Ungeheuer war der Schmerz der Hunnen bei die¬ 
sem Anblick. Nicht mit Thränen, wie sie das Weib weine, sag- 
teu sie, müsse man um einen solchen König trauern, sondern mit 
Thränen von Blut. Sie zerrissen sich die Gesichter und rauften 
sich die Haare aus. Man stellte seinen Leichnam in einem drei¬ 
fachen Sarge von Gold, Silber und Eisen unter einem seidenen 
Zelte aus, feierte das Todtenfest mit Reiterspielen und Lobgesän- 
gen, begrub ihn heimlich in der Nacht mit seinen Waffen und 
tödtete diejenigen, welche sein Grab gegraben hatten, damit nie¬ 
mand wisse, wo der große Hunnenkönig ruhe. So endigte Attila. 
Mit ihm erlosch die Macht der Hunnen. Die Nation zersiel, und 
ihre Trümmer verloren sich unter andern Völkern. 
Hundert Jahre nach dem Erscheinen der Hunnen in Europa, 
23 Jahre nach dem Tode Attila's stürzte das weströmische Reich 
zusammen; sein letzter Kaiser hieß Ro mulus Augustulus. 
Einführung der Seibenzucht in Europa. 
(560 n. Chr.) 
Schon lange vor Christi Geburt war die Seide den Römern 
und Griechen bekannt; allein da damals die Seidenzucht außer 
Indien und China noch in keinem Lande betrieben wurde, so 
wußte man in Europa von der Entstehung der Seide noch so 
wenig, daß manche glaubten, sie wachse auf Bäumen. Persische 
Karavanen brachten sie in die syrischen Handelsstädte, wo sie mit 
Gold ausgewogen wurde. Ihres hohen Preises wegen waren 
seidene Kleider äußerst selten; erst am Kaiserhofe zu Constantino- 
pel wurde die Sitte, seidene Kleider zu tragen, allgemein. Da 
aber der Kaiser Jnstinian, welcher von 527 bis 566das mor¬ 
genländische Reich beherrschte, mit den Persern in einen langen 
Krieg verwickelt war, so blieben die Karavanen aus, unb man 
mußte des köstlichen Stoffes, an den sich die vornehmen Leute 
schon gewöhnt hatten, ganz entbehren. Dieß veranlaßte den
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.