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Phönizier.
den Kolonien, die die Phönizier in Spanien anlegten, entstanden
nach und nach die Städte Gibraltar, Sevilla und Cadix.
Die Produkte, die sie von hier holten, waren Gold, Silber, Eisen
und eingemachte Südfrüchte. Von Spanien aus schifften die
Phönizier auch in's offene Meer hinein, holten von den britischen
Inseln, die sie „Zinninseln" nannten, Zinn, und von der
Nordküste Preußens den damals hochgeachteten Bernstein.
Damit aber kein fremdes Schiff ihnen folge, verbreiteten sie von
ihren Fahrten die abenteuerlichsten Gerüchte, wie: daß jenseits
der Säulen des Herkules (der Straße von Gibraltar) das Meer
so dick sei wie Gallert und von verschiedenen Seeungeheuern
wimmle. Wer ihnen trotz dem folgte, wurde in die Irre ge¬
führt oder auf eine Sandbank gelockt, damit er scheitere. —
Gleich ausgedehnt wie der Seehandel war auch der Landhandel
der Phönizier nach Arabien, Armenien und Aegypten.
Zwei wichtige Stücke haben wir diesem Volke zu verdanken:
die Erfindung des Glases und die Entdeckung der Purpurfarbe. Zur
Erfindung des Glases kamen sie auf folgende Weise. Phönizische
Seefahrer waren an der Küste Palästina's ausgestiegen, um Speise
zu kochen. Da es an Feldsteinen gebrach, worauf sie die Kessel
stellen konnten, so nahmen sie hierzu Stücke Salpeters, den sie
geladen hatten. Als sie mit dem Kochen fertig waren, bemerkten
sie, daß der Salpeter vom Feuer geschmolzen war und sich mit
dem feinen Kiessande zu einer durchsichtigen Masse vermischt hatte.
Hieraus fertigten sie anfänglich allerhand Spielsachen an, später
auch Fenster, Spiegel und Gefäße, die sie als Handelsgegenstünde
auf ihren Reisen mit sich führten. — Gleich zufällig kamen die
Phönizier zur Entdeckung der Purpurfarbe. Ein Schäfer von
ihnen weidete einst am Strande des Meeres seine Schafe. Plötz¬
lich kam sein Hund mit hochroth gefärbtem Maule zu ihm ge¬
laufen. Der Schäfer in dem Glauben, der Hund habe sich ver¬
wundet, wischte ihm das vermeinte Blut ab, und erst jetzt sah
er, daß es die schönste Farbe war. Er ging zur Stelle hin, wo
vorher der Hund gewesen, und fand nun, daß derselbe in einem
Haufen Schnecken gewühlt hatte, die diesen rothen Saft enthiel¬
ten. Dieser Vorfall wurde bekannt, und bald bereitete man aus
diesem Saft die kostbare Purpurfarbe. — Auch die Schreib- und
Rechenkunst soll von diesem Volke herrühren.
Die beiden wichtigsten, durch Pracht und Reichthum ausge¬
zeichneten Städte der Phönizier waren Sidon und Tyrus. Die
Propheten Jesaias und Hesekiel sprechen viel von der Ueppigkeit