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Papstthum.
bei ihrer Thronbesteigung einen andern Namen an) und war von
niederer Herkunft. Durch die seltenen Geistesgaben und große
Klugheit, die er besaß, schwang er sich aber zum ersten kirchlichen
Amte empor. Sein fester Wille war, ein Statthalter Gottes zu
sein auf Erden, und so gebot er, um die Kirche völlig frei zu
machen vom Staate, auf seiner ersten Synode zu Rom (1074),
daß kein Geistlicher mehr heirathen sollte, und daß die, welche
schon verheiratbet wären, sich sofort scheiden lassen sollten. Dies
Gebck nennt man das des Cölibats oder der Ehelosigkeit der
Geistlichen. Auf seiner zweiten Synode (1075) gebot er weiter,
daß Niemand mehr ein Kirchenamt von der Hand eines Laien
annehmen oder erkaufen sollte. Wer dies dennoch thäte, den
sollte sofort der Bann, d. b. der Fluch der Kirche treffen. Dies
Gebot hieß das der Simonie (nach Apostelg. 8, 18), d. h.
der Erkaufung geistlicher Stellen. Durch beide Gebote mußte die
Kirche wirklich frei werden von aller Berührung mit der Welt,
um so mehr, da es Gregor verstand, seinen Gesetzen auch die
erforderliche Geltung zu erzwingen.*) — Nun waren aber die
Bischöfe damaliger Zeit auch Reichsfürsten, als welche sie Pflichten
gegen den Kaiser, ihren Lehnsherrn, zu erfüllen hatten, und dieser
wollte sie immer noch, wenn auch nicht als Geistliche wählen,
so doch als Reichsfürsten belehnen, und zwar nach alter Sitte
mit Ring und Stab. Diese aber waren Zeichen der geistlichen
Würde und nicht der weltlichen Macht. Hieraus entstand der
Investiturstreit, der endlich auf dem Reichstage zu Worms
(1122) unterm Kaiser Heinrich V. und dem Papst Calixt II.
durch ein Concil beseitigt wurde, welches feststellte: daß der Kaiser
auf die Belehnung der Bischöfe mit den geistlichen Rechten durch
Ring und Stab verzichten, auch die Freiheit der Wahlen nicht
stören sollte, dagegen sie mit den weltlichen Rechten durch das
Scepter belehnen dürfe. Dennoch bestanden die Zerwürfnisse zwischen
der päpstlichen und weltlichen Macht fort, bis den Stuhl Petri
ein Mann bestieg, der das Papstthum auf den Gipfel seiner
Macht erhob. Dies war I n n o c e n z III. (1198 —1216). Unter
andern zwang er den französischen König Philipp August durch
Bann und Jnterdict dazu, seine Gemahlin, die er verstoßen hatte,
wieder zur Ehe zu nehmen, dann den König Alphons IX. von
Leon in Spanien dazu, sich von seiner Gemahlin scheiden zu
lassen, weil sie seine Nichte war; ja er setzte sogar den König
y Siehe Cursus II. Heinrich IV.