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verhandelt; hier wurden auch die Hcirathen vollzogen (daher Gemahl,
vermählen). In Kriegszeiten erwählten sie einen der vornehmsten Ade¬
linge der Gesammtgemeinde zum Herzog (Hermann, Heerwist); der
erließ ein allgemeines Aufgebot, den Heerbann, an alle Wehr man¬
nen. Edle Jünglinge schwuren Waffenfreundschaft und bildeten des
Herzogs Gefolge. Vor der Schlacht erscholl das furchtbare Barrit,
das durch Verherrlichung alter Heldenthaten zu neuen anfeuerte. Im
Gefecht war es eine Schande dem Herzog, an Tapferkeit übertroffen zu
werden, eine Schande dem Gefolge, ihm an Tapferkeit nicht gleich, zu
kommen. Ewige Schmach dem, der den Feldherrn überlebend aus dem
Kampfe wich. Wenn der Herzog das Volksvertrauen bewährt hatte,
so war er auch im Frieden der Erste, der Fürst, oder wenn sein An¬
sehen sich über mehrere Völkerschaften erstreckte, ihr König, und die
seines Gefolges, welche in der Gefahr sich verdient gemacht hatten,
blieben auch nachmals seine Gefährten, Grafen, denen er die wichtig¬
sten Aeinter übertrug, den Befehl über die einzelnen Schaaren, die
Gaugerichte. Diese Würden wurden oft lebenslänglich, nicht selten
erblich; doch blieb die Wahlfreiheit unangetastet, und die Völker wachten
strenge über ihren Rechten. Freie Fürsten — freie Völker! Freiheit
nach innen und nach außen war des Deutschen Lebenselement.
§. 5. Religion.
Der alten Deutschen Heidenthum war eine Vergötterung von alten
Helden und Naturkrästen, aber sein Charakter war Weihe, Kraft und
Ernst, und hindurchschimmerte in dem Glauben an einen Allvater
'die Herrlichkeit des einigen Gottes. Ihre Haupt-Gottheiten gaben den
Wochentagen Namen, wie sie sich im Munde des Volkes bis auf diesen
Tag erhalten haben. Allvater Wodan (Goden, Odin) steht in der
Mitte; ihm folgen Thor, der donnernde Kriegsgott, Freia, die Göttin
zugleich der Freiheit und der Liebe, Satur, der Gott der Zeit, der
Unbegreifliche, der im Flammenhimmel thront; voran Sonne und
Mond, die den Dingstag erleuchten. Auch Mutter Erde (Hertha)
weiheten sie. Der freundlichen Ostra zu Ehren loderten Freudenfeuer
auf den Höhen, wenn mit dem Lenze der Tag über die Nacht siegt.
Tempel hielten sie für unwürdig ihrer Götter; sie seien zu groß, um in
Gebäuden von Menschenhänden wohnen zu können, oder auch in mensch¬
licher Gestalt abgebildet zu werden. In Eichen- und Buchenhainen
feierten sie ihre Opfer. Tiefe Ehrfurcht vor den heimischen Göttern,
ernste Frömmigkeit war ihre Grundtugend, diejenige, woraus ihnen
alle andern naturwüchsig entsprvßten. Darum bezeichneten sie jedes
göttliche und menschliche Gesetz, wie die innigste, zarteste Gemeinschaft
der Menschen untereinander, so auch das Verhältniß des Menschen zu
Gott, die heiligsten Verpflichtungen, was wir mit dem Worte Religion
benennen, mit dem gleichen Worte: „Eh e." Darum auch keine
Götzenbilder; unsichtbar sei die Gottheit. Ihr weihten sie das Beste,
was sie hatten, und deshalb verbluteten Pferde-, auch Menschenopfer aus
den Kriegsgefangenen auf ihren Altären. Darum waren auch die
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