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armee, welche den Krieg sieghaft ausfechten sollte. Auf ihn warf sich
Napoleon bei Laon am 9. und 10. März, und ward mit einem Ver¬
luste von 20,000 Mann zurückgeworfen; er wäre aufgerieben worden,
wäre der greise Feldmarschall nicht erkrankt, so daß er den weitern Zug
nur im Wagen unternehmen konnte. In seinem Namen kommandirte
Gneisenau, und die Eifersucht der andern Befehlshaber gegen diesen
hat die Fortschritte nicht wenig gelähmt. Aber Napoleons Lage war
verzweifelt. Bei Arcis an der Aubc am 20. und 21. März von
Schwarzenberg zurückgeschlagen, und als er vernahm, daß Lyon von den
Oesterreichern, Bordeaux von den Engländern besetzt worden, faßt er
den tollkühnen Entschluß, rheinwärts zu marschircn, die Bevölkerung der
östlichen Provinzen zu einem Volkskriege zu entflammen, und dadurch
die Verbündeten zu nöthigen, ihm nach aus seinen Grenzen zurückzueilen.
Diesen aber war der Brief, worin er der Kaiserin seinen Plan anzei¬
gen wollte, in die Hände gefallen, und sie ergriffen ihre Maßregeln.
Sie schickten ihm 8000 Reiter nach, daß er glauben sollte, sie kämen
alle, marschirten rüstig auf Paris los, warfen die Marschälle Mnr-
mont und Mortier, die ihnen in den Weg traten bei la Fe re
Ehampenoise 26. März über den Haufen, standen am 29. vor
Paris, erstürmten am 30. den Montmartre, und Alexander nebst
Friedrich Wilhelm zogen am 31. März in die französische Haupt¬
stadt ein, die seit 4 Jahrhunderten keinen Feind in ihren Mauern ge¬
sehen hatte, — unter dem Jubel ihrer Bewohner. Napoleon, der zu
spät sich selbst überlistet sah, fliegt herbei, seine Residenz zu retten, und
empfängt die schmerzliche Kunde, daß sein eigener Senat ihn und seine
Familie des Thrones entsetzt, und den Grafen von Artois, Ludwigs
XVI. Bruder, als Ludwig XVIII. zum König von Frankreich
proklamirt hat.
§. 172. Der erste pariser Friede. Wiener Congreß.
Als Napoleon sah, daß er nicht anders konnte, auch seinen Soult
bei Toulouse vor Wellington erliegen sah, entsagte er für sich und
seine Nachkommen dem Thron, und ging nach der ihm zum Eigenthum
angewiesenen Insel Elba. Schon am 30. Mai 1814 wurde der
pariser Friede abgeschlossen. Da erfuhr Frankreich eine Großmuth,
wie es sie weder- erwartet noch verdient hatte, eine weit übertriebene
Großmuth, die es dem Kaiser von Rußland zu verdanken hatte, der
den Grundsatz geltend machte: man habe nicht mit den Franzosen,
sondern mit Napoleon Krieg geführt! Es verlor nur, was es seit
1792 erobert hatte, und behielt sogar alle die Schätze der Kunst und
Wissenschaft, welche cs seitdem aus aller Welt als Trophäen nach
Paris zusammengeschleppt. Nur die preußische Victoria durfte wieder
thronen auf dem brandenburger Thore. — Die Russen hatten ja nichts
dabei verloren. Aber den alten Blücher, den edeln Stein und Tausende,
die Gut und Blut der Rettung des Vaterlandes geweiht, schmerzte es
tief. „Der Diplomaten Federn verdarben, was unser Schwert gut
gemacht."