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Und wecken Taues Blitze, wenn im Flug
Sie streifen durch der Heide braunen Zug
10 Da schüttelt auch die Lerche ihr Gefieder,
Des Tages Herold seine Liverei;
Ihr Köpfchen streckt sie aus dem Ginster scheu,
Blinzt nun mit diesem, nun mit jenem Aug
Dann leise schwankt, es spaltet sich der Strauch,
15 Und wirbelnd des Mandates erste Note,
Schießt in das feuchte Blau des Tages BVote.
„Auf! auf! die junge Fürstin ist erwacht!
Schlaftrunkne Kämm'rer, habt des Amtes acht;
Du mit dem Saphirbecken, Genziane,
20 Zwergweide du mit deiner Seidenfahne,
Das Amt, das Amt, ihr Blumen allzumal,
Die Fürstin wacht, bald tritt sie in den Saall“
Da regen tausend Wimpern sich zugleich,
Maßliebchen hält das klare Auge offen,
25 Die Wasserlilie sieht ein wenig bleich,
Erschrocken, daß im Bade sie betroffen;
Wie steht der Zitterhalm verschämt und zage!
Die kleine Weide pudert sich geschwind
Und reicht dem West ihr Seidentüchlein lind,
30 Daß zu der Hoheit Händen er es trage.
Ehrfürchtig beut den tauigen Pokal
Das Genzian, und nieder langt der Strahl;
Prinz von Geblüte hat die erste Stätte
Er, immer dienend an der Fürstin Bette.
35 Der Purpur lischt gemach im Rosenlicht,
Am Horizont ein zuckend Leuchten bricht
Des Vorhangs Falten, und aufs neue singt
Die Lerche, daß es durch den Äther klingt:
„Die Fürstin kommt, die Fürstin steht am Thor!
10 Frischauf, ihr Musikanten in den Hallen,
Laßt euer zartes Saitenspiel erschallen,
Und, florbeflügelt Volk, heb an den Chor,
Die Fürstin kommt, die Fürstin steht am Thor!“
Da krimmelt, wimmelt es im Heidgezweige,
15 Die Grille dreht geschwind das Beinchen um,
Streicht an des Taues Kolophonium
Und spielt so schäferlich die Liebesgeige.
Ein tüchtiger Hornist, der Käfer, schnurrt;
Die Mücke schleift behend die Silberschwingen,
30 Daß heller der Triangel möge klingen;
Diskant und auch Tenor die Fliege surrt
Und, immer mehrend ihren werten Gurt
Die reiche Katze um des Leibes Mitten
Ist als Bassist die Biene eingeschritten
Dr. Prinz, Dichterhain.