Full text: Geschichte des Mittelalters (Theil 2)

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Vierte Periode des Mittelalters. 
büßen verhängte die Fehme. Es läßt sich durch viele Urkunden dar- 
thun, daß Fürsten, Grafen, Ritter und die angesehensten Bürger von 
den Schöffen ergriffen und gerichtet worden sind. Die Einführung 
einer besseren Rechtspflege durch 'die Carolina d. i. Kaiser Carls V. 
peinliche Hals- und Gerichtsordnung und die festere Begründung der 
fürstlichen Landeshoheit beschränkten allmählich den furchtbaren Wir¬ 
kungskreis der Fehingerichte und führten ihren völligen Untergang herbei. 
Das Städte- 2) Das Bürgerthum und Städtewesen. Die alten Deutschen 
Mittelalter ^^en keine Neigung in Städten zu wohnen und ließen die Römer am 
Rhein und an der Donau Städte anlegen, ohne ihr Beispiel nachzu¬ 
ahmen. Erst unter Heinrich i. wurden sie durch die Kämpfe mit den 
Ungarn genöthigt, in befestigten Plätzen oder Städten Schutz zu suchen. 
Die innerhalb der Ringmauern Wohnenden hießen Burger nach der 
schützenden Burg, die Befehlshaber derselben Burggrafen. Später aber 
hießen alle nichtadligen Bewohner der Städte, welche Handel und Ge¬ 
werbe trieben, Bürger, zum Unterschiede von den Landbewohnern und 
deni Adel. Heinrich i. hatte, um die Sachsen an das Zusammenleben 
in den Städten zu gewöhnen, angeordnet, daß alle Berathungen, Ver¬ 
sammlungen , Märkte und Feste in den Städten abgehalten werden 
sollten. Jede Stadt hatte ihren Herrn in dem Landesherrn, erlangte 
aber im Lause der Zeit allerlei Freiheiten und Privilegien. So er¬ 
langten einige Städte die Erlaubniß, Märkte zu halten, Münzen zu 
schlagen, den Wildbann zu üben, andere erhielten Freiheit von Abgaben 
Rath rnd hei Erbschaften, von Zöllen re. Ferner bekamen sie einen eigenen Ge- 
meister' richtsstand und die Besugniß, ihre Obrigkeit, Rath und Bürgermeister, 
ans ihrer Mitte zu wählen. Der Rath war anfangs dem landesherr¬ 
lichen Vogte ganz untergeordnet; aber nach und nach erhielten die 
Rathsherrn ein vollständiges Uebergewicht und galten gleichsam als 
eine Gemeinde freier Leute. Häufig suchten auch Landbewohner gegen 
den Adel Schutz in den Städten. Da der Platz zur Ausnahme dieser 
unerbetenen Schützlinge oft wicht ausreichte, so legte man außerhalb der 
Ringmauern und Grenzpfähle kleine Vorstädte oder Psahlburgen an, 
Pfahlbürger, deren Bewohner Pfahlbürger hießen und, städtischen Schutzes sicher, 
ihrem Gewerbe nachgingen. Nun mußten neben den freien Wehrleuten 
und der ursprünglichen Burgmannschaft auch die Gewerbtreibenden zum 
Schutze der Stadt bewaffnet werden. Auch Herren vom Adel traten 
in den Städteverband und übernahmen Rechte und Lasten der Bürger. 
Anfangs waren in den Städten 3 Classen von Bewohnern: Freie 
Lente, Freigelassene und Hörige oder Leibeigene. Die freien Leute, 
welche Heinrich l. berufen und mit Freiheilen und Besitz ausgestattet
	        
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