Full text: Vaterländische Geschichte

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Pferden bespannt durch Berlin und Potsdam fuhr, für 
den mächtigen König von Preußen gehalten. Sein Sinn 
war ernst, aber milde und menschenfreundlich. Sein liebe¬ 
volles Gemüth trat oft in sinnigen Zügen hervor. Einst 
ging er mit einem Adjutanten in Potsdam auf dem Trot¬ 
toir hin. Dieser sprang auf einmal dem Könige vor, um 
einen Schwarm fröhlicher Knaben, die auf den glatten, 
breiten Steinen Kreisel spielten, auseinander zu treiben 
und dem Könige Platz zu machen. Aber dieser, schnell 
auf den Fahrweg tretend, faßt den Adjutanten am Arm 
und hält ihn zurück, indem er sagt: „Sie haben wohl nie 
Kreisel gespielt? Kinder darf man nicht stören, die Jugend 
ist kurz!" Ein andermal hatte ein hübscher Konditorknabe 
in Potsdam einen Kuchen, den er wegtragen sollte, beim 
Fehltritt mit der Schüssel auf's Pflaster fallen lassen und 
stand bitterlich weinend da, als eben der König vorüber 
kam. Ohne sich mit ihm in ein Gespräch einzulassen, sagte 
er zum Knaben, ihm sanft über's Gesicht streichelnd: „Komm 
mit mir!" Das Kind folgte zitternd. Angekommen im 
nahegelegenen Schlosse ließ der König ihm eine schönere, 
größere Schüssel mit einem noch bessern Kuchen aus der 
Hofkonditorei reichen und entließ dann den Ueberraschten 
und nun geglückten mit den Worten: „Künftig vorsichtiger 
sein!" Später zog der König noch nähere Erkundigungen 
über den Knaben ein, und als diese zu seiner Empfehlung 
ausfielen, wurde er in der Hofkonditorei angestellt. Der 
ganze edle und fromme Sinn dieses thätigen und fürsorg¬ 
lichen Königs, der in verhängnißvollen, wie in glücklichen 
Tagen der Stolz des Landes war, offenbart sich so recht 
in folgenden Schriftstücken, die unser jetziger König gleich 
nach dem Tode des Vaters, der am ersten Pfingsttagc 
den 7. Juni 1840 erfolgte, veröffentlichte: 
In das Staatsministerium. 
Ich befehle, zwei kostbare Dokumente der Oeffentlichkeit zu über¬ 
leben, welche Mir, nach dem Willen Meines in Gott ruhenden König¬ 
lichen Vaters und Herrn, am Tage Seines Heimganges eingehändigt 
worden, wovon das eine bezeichnet ist: „Mein letzter Wiste," das 
andere: „Auf Dieb, Meinen lieben Fritz re. re." anfängt, und welche 
beide von feiner eigenen Hand geschrieben und vom 1. December 1827
	        
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