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U.
Im Anfange seiner Regierung begnadigte Friedrich
Wilhelm IV. viele seiner Unterthanen, die wegen politi¬
scher Vergehen zu Gefängnißstrafen verurtheilt waren. Er
zog ausgezeichnete Schriftsteller und Künstler in seine Nähe
und stiftete den Orden pour le mérité zur Auszeichnung
der berühmtesten Gelehrten und Künstler aller Länder;
auch ließ er die Turnanstalten wieder in's Leben rufen.
Im Jahr 1847 berief er den vereinigten Landtag
zum ersten Male nach Berlin. Er hatte diesen aus den
schon durch Friedrich Wilhelm III. eingeführten Provin¬
zial ständen hervorgehen lassen, und derselbe sollte der
Anfang zu einer Vertretung des Volkes durch Reichs-
stände fein. Es stand auch eine reichsständische Verfassung
in Aussicht; da brach im Februar 1848 in Frankreich
wieder eine Revolution aus, die nicht nur den französischen
Königsthron umstürzte, sondern auch ihre Folgen über
einen großen Theil von Europa verbreitete. Auch in den
meisten deutschen Staaten kam es zu Aufständen. In Folge
hiervon wurde nach Frankfurt am Main eine National¬
versammlung berufen, welche eine Verfassung für das
gesammte Deutschland berathen sollte. Unser König rief
gleichzeitig eine Nationalversammlung in Berlin zusam¬
men; da diese aber ihre Gränzen überschritt, wurde sie
zuerst nach Brandenburg verlegt und später ganz aufgelöst.
Der König gab Preußen nun selbst eine Verfassung. Die
Frankfurter Nationalversammlung (auch das deutsche
Parlament genannt) wählte am 29. Juni 1848 den
Erzherzog Johann von Oestreich zum Reichsverweser in
Deutschland und am 28. März 1849 den König von Preu¬
ßen zum deutschen Kaiser. Friedrich Wilhelm IV. lehnte
aber die Kaiserkrone ab, so lange nicht der freie Wille
der deutschen Fürsten die Wahl des Parlaments bestätige.
Am 30. Mai 1849 hielt die deutsche Nationalversamm¬
lung ihre letzte Sitzung und wurde nun aufgelöst. In
Sachsen und Baden und auch in einigen Städten unseres
preußischen Vaterlandes brachen hierauf gefährliche Em¬
pörungen aus; dieselben wurden durch den Muth und die
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