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feit, alle Schönheit; nirgend ein Baum, nirgend ein Strauch;
nichts Festes, Beharrliches, sich Auszeichnendes in diesem Landmeere
von Kies und Sand; keine Menschenwohnung, die verdiente, mit
dem beweglichen Meeresschiffe verglichen zu werden. Etwa zwei
Monate lang brennt die Sonne am Tage mit gewaltiger Gluth,
und des Nachts tritt dennoch Eiskälte ein. Nordwinde herrschen den
größten Theil des Jahres hindurch, und die Trockenheit ist so groß,
daß es nicht einmal schneiet, viel weniger regnet. Auf dem mageren
Boden suchen die Thiere ängstlich ihre nothdürftige Nahrung.
So ist das Stammland der Mongolen, und wie das Land,
so die Menschen. Ihre nur mittelmäßige Größe würde man ihnen
kaum als Mangel anrechnen, wmn nur sonst die Verhältnisse ihres
Körperbaues angenehm und richtig wären. Aber an dem überlan¬
gen, starken Oberleibe sitzen schmale Hüften und kurze, krumme,
magere Beine. In dem blassen Gesichte treten dicke Lippen und
eckige Backenknochen hervor, während die Nase breit und platt ist,
und in den weiten, tiefen Augenhöhlen kleine, schiesgestellte Augen
blinzeln (l). Der Bart fehlt von Natur ganz, der Kopf wird
künstlich geschoren, und nur hinter jedem Ohre bleibt ein langer,
zusammengedrehter Zopf hangen. Diese Gestalten, sowohl Män¬
ner als Weiber, darf man sich fast nicht anders denken, als auf
mageren, raschen Pferden und in steter Bewegung; doch hatten sie
auch sogenannte Häuser, d. h. Zelte von Filz, welche, um sie was¬
serdicht zu machen, mit Schafmilch bestrichen wurden. Wohnung
und Hausgeräth stellte man bei Wanderungen auf zweiräderige
Wagen und fuhr sie von einem Orte zum andern. Die Mongolen
aßen Katzen, Hunde, Ratten, Mäuse, Läuse und anderes Ekel¬
hafte, am liebsten Pferdefleisch; sie verschmäheten als Getränk selbst
schmutziges Wasser und Pferdeblut nicht, zum Wohlgeschmack aber
bereiteten sie den berauschenden Kamus aus Stutenmilch. Brot
war ihnen unbekannt, und auch den Wein lernten sie erst in späte¬
rer Zeit schätzen (2). Ihre Waffen bestanden in Spießen, Schwer-
r) »Das platte Gesicht/ die abstehenden Ohrett/ die kleinen/ schiefen/
scharfen Augen/ der leichte, luftige Körper mit krummen, dünnen Schen¬
keln, das starke Gebiß mit weißen, hervorstehenden Zähnen; dies alles
bezeichnet beim Mongolen das weltdurchschwärmende Raubthier, das er
wirklich ist,« sagt Ludwig Hain. H.
2) Daß sie auch Menschenfleisch aßen, ist nicht genügend erwiesen.